Gehört zu diesem neuen Aufbruch auch die Ökumene? ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper lacht: "Auf diesem Gebiet braucht das ZdK keinen neuen Aufbruch, wie schon die früheren Katholikentage und die beiden ökumenischen Kirchentage zeigen." Selbstverständlich habe man die Ökumene im "roten Rucksack", dem Erkennungszeichen für das Mannheimer Treffen, zu dem mindestens 25.000 Dauer- und 10.000 Tagesteilnehmer aus Deutschland und dem benachbarten Ausland erwartet werden. Acht Millionen Euro sind für das fünftägige Treffen eingeplant.
Kritische Solidarität?
Generalsekretär Vesper, der promovierte Religionspädagoge, weiß selbstverständlich, dass nicht wenige Katholiken und Protestanten vom Besuch Papst Benedikts XVI. Ende September 2011 in Deutschland enttäuscht sind. Denn der Papst vermied jedes konkretes Entgegenkommen in Fragen, die den ökumenisch Engagierten in Deutschland auf den Nägeln brennen – von der eucharistischen Gastfreundschaft für konfessionsverschiedene Ehen bis zu ökumenischen Gottesdiensten am Sonntagmorgen. Aber auch viele katholische Laien sind von dem Papstbesuch enttäuscht, weil er auch zu ihren konkreten Fragen schwieg – von der Lockerung des Zölibats für Priester bis zur Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete.
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Also viel Zündstoff für den 98. Deutschen Katholikentag? ZdK-Generalsekretär Vesper wehrt sich gegen jeden möglichen Versuch, das katholische Laientreffen gegen den Papst (oder die Bischöfe) zu instrumentalisieren: "Wir vertreten unsere Anliegen für die Menschen und die Kirche, und wir vertreten sie auch als Kirche." Der Katholikentag ist ein durch und durch katholisches Treffen. Er zeigt die Vielfalt der katholischen Kirche. Seit je her wird er mit einem Grußwort des Papstes eröffnet und viele Bischöfe aus der Weltkirche nehmen teil. Wer meint, uns gegen Rom oder die deutschen Bischöfe in Stellung bringen zu können, hat sich in der Adresse geirrt. Was aber nicht bedeutet, dass man seine eigenen Überzeugungen preis gibt. Also kritische Solidarität? Vesper: "Wenn Sie so wollen und Solidarität besonders betonen."
"Wir hoffen auf kräftige ökumenische Signale"
Stimmt es eigentlich, dass der Mannheimer Katholikentag 2012 ökumenischer wird als der Dresdner Kirchentag 2011? Wieder so eine Gegensatzfrage, die der ZdK-Generalsekretär nicht sonderlich schätzt, zumal das persönliche Verhältnis zu den Verantwortlichen des Deutschen Evangelischen Kirchentages in den zurückliegenden Jahren sehr eng geworden ist und man auch in vielen Sachfragen übereinstimmt. Nichts einzuwenden hat Vesper gegen die Formulierung, dass sich das ZdK und damit der von ihm alle zwei Jahre verantwortete Katholikentag als "ökumenische Speerspitze" versteht.
Längst ist es auf den evangelischen und katholischen Laientreffen zu einer guten Tradition geworden, dass Deutscher Evangelischer Kirchentag und Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsam ökumenische Veranstaltungen vorbereiten. In Mannheim will man dem vor allem bei den Protestanten umstrittenen Thema des Petrusamtes nicht ausweichen. Vesper hofft, dass man vielleicht auch in dieser Frage einen Schritt weiter kommt.
Das "Ökumenische Zentrum" auf dem Mannheimer Katholikentag wird ein besonders großes werden. Der ZdK-Generalsekretär: "Wir hoffen auf kräftige ökumenische Signale, die von Mannheim ausgehen werden. Die Menschen sollen spüren, dass wir keine ökumenischen Lippenbekenntnisse verabschieden, sondern dass es uns ernst ist, mit Kopf und Herz der Ökumene zu dienen." Erleichtert wird in Mannheim das ökumenische Miteinander durch das enge und vertrauensvolle Verhältnis zwischen dem gastgebenden Erzbischof Robert Zollitsch, der zugleich Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, und dem badischen Landesbischof Ulrich Fischer.
Katholikentag sucht neue ökumenische Projekte
Nun hat das Ökumene-Zentrum des Mannheimer Katholikentages Gemeinen, Gruppen, Verbände und Initiativen eingeladen, die neue ökumenische Projekte in Angriff genommen haben. Vor allem ist man an Projekten interessiert, die für "neue ökumenische Aufbrüche" stehen. Wichtig ist, dass diese Initiativen die zentralen Leitlinien der Charta Oecumenica umsetzen. Aus den eingehenden Bewerbungen werden die besten ausgewählt und zur Vorstellung ihrer Arbeit zum Katholikentag eingeladen.
Ausgesucht werden die besten Bewerbungen übrigens nicht vom ZdK, sondern gemeinsam vom katholischen Johann-Adam-Möhler-Institut in Paderborn und vom evangelischen Konfessionskundlichen Institut in Bensheim. Die Bewerbungen müssen bis zum 31. Oktober beim 98. Deutschen Katholikentag – Bereich Programm/Bewerbung Ökumene – Postfach 10 08 06 in Mannheim eingehen. ZdK-Präsident Alois Glück (und in dieser Eigenschaft auch Präsident des Mannheimer Katholikentages) wird am 27. Oktober auf Einladung des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Fulda ein Grundsatzreferat über die Ökumene halten.
"Ökumenische Schule": Was ist zwischen den Kirchen möglich?
Nach den guten Erfahrungen mit der orthodoxen Beteiligung am 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München will das Zentralkomitee der deutschen Katholiken auch die Orthodoxen Kirchen wieder in das Ökumenische Programm von Mannheim einbinden. Auch wenn es die Schwierigkeit gibt, dass die Orthodoxen über kein Laiengremium wie die Protestanten und die Katholiken verfügen.
ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper: "Der 98. Deutsche Katholikentag 2012 erhebt einen hohen ökumenischen Anspruch, der nicht nur in die Breite, sondern vor allem in die Tiefe geht. Seit bald 50 Jahren spielt das Thema Ökumene bei uns im Zentralkomitee und auf den Katholikentagen eine wichtige Rolle. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern." Schließlich seien Kirchen- und Katholikentage auch so etwas wie eine "ökumenische Schule": In den Diskussionen wird erklärt, was zwischen den Kirchen möglich ist und was nicht. Und es wird gesagt, was wünschenswert ist und was nicht." Zugleich fügt er hinzu: "Wir halten an der unerschütterlichen ökumenischen Hoffnung fest."
Dass der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, zum Mannheimer Katholikentag 2012 eingeladen wird, ist für das ZdK so selbstverständlich wie die Einladung an den badischen Landesbischof. Darüber hinaus kommen viele theologische, politische, ökonomische und wissenschaftliche Referenten aus der evangelischen Kirche. "Und hoffentlich kommen auch viele evangelische Teilnehmer", fügt Stefan Vesper hinzu.
Bleiben noch zwei Fragen. Der vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz angestoßene Dialogprozess wird aus der Sicht des ZdK, das sich an diesem Prozess sehr aktiv beteiligt, nicht um das Thema Ökumene herumkommen. Und wird es 2017, dem 500. Jahrestag der Reformation, einen dritten Ökumenischen Kirchentag geben? Aus der Sicht des ZdK-Generals gibt es "viele Gründe dafür und viele dagegen." Die beiden Präsidien sind hierüber im Gespräch und wollen eine einvernehmliche Entscheidung fällen. Auf jeden Fall werde es eine "gemeinsame Veranstaltung" der katholischen und evangelischen Laien geben.
Stefan Vesper ist Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Er ist verheiratet, Vater zweier erwachsener Töchter und lebt in Bad Honnef.
K. Rüdiger Durth lebt als freier Autor in Bonn und Berlin und ist langjähriger Beobachter des politischen und kirchlichen Geschehens in Deutschland.