Wie die Bundesregierung von der Euro-Krise profitiert

Wie die Bundesregierung von der Euro-Krise profitiert
Deutschland ist der größte Netto-Zahler in der Europäischen Union. Trotz Euro-Krise ist das kein schlechtes Geschäft für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - denn der spart Milliarden allein an Zinsen. Das liegt an der EU. Denn Griechenland und Co. müssen satte Strafzinsen zahlen.
13.10.2011
Von Hermannus Pfeiffer

Einerseite - anderseits. Einerseits bleibt Deutschland der größte Netto-Zahler in der Europäischen Union. Die Bundesregierung überwies im vergangenen Jahr einen Beitrag von netto 9,2 Milliarden Euro nach Brüssel. Das teilte die EU-Kommission kürzlich mit. Ein Jahr zuvor hatte Deutschland nur 6,1 Milliarden Euro an die EU bezahlt, dabei wirkten jedoch Einmaleffekte mit. Normalerweise hätte der Beitrag bei 8,1 Milliarden Euro gelegen.

Wer nun ein schlechtes Geschäft für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wittert, irrt sich anderseits milliardenschwer. Dank EU zahlt sich die Euro-Krise für Berlin so richtig aus: So zahlen Griechenland und die anderen gestützten Krisenländer satte Strafzinsen, die Bundesbank wird 2012 milliardenschwere Extra-Gewinne überweisen und bei den 27,5 Milliarden Euro, die der CDU-Politiker Schäuble in diesem Jahr an eigenen neuen Schulden für den deutschen Staat aufnimmt, spart die Bundesregierung Zinsen im zweistelligen Milliardenbereich.

Die diversen Rettungspakete und der vom Bundestag am 29. September mehrheitlich abgesegnete Euro-Krisenfonds EFSF kosten der Bundesregierung bis auf weiteres keinen Cent. Der EFSF besteht überwiegend aus Bürgschaften. Stattdessen wird ordentlich abgesahnt, denn Portugal, Irland und Griechenland zahlen hohe Strafzinsen für Hilfskredite. So überweist allein Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos für dieses Jahr zwei Milliarden Euro als Zinsen an den europäischen Finanzstabilisierungsfonds. Angesichts des deutschen Anteils an diesem Rettungspaket fließen allein 2011 aus Athen rund 400 Millionen Euro in die Kassen des Amtskollegen Schäuble in Berlin. Keine Garantien, die möglicherweise nie gezogen werden, sondern echtes Geld und das fließt jetzt und nicht erst an einem fernen Sanktnimmerleinstag.

Kasse macht Schäuble auch über die Bundesbank

Kasse macht Bundesfinanzminister Schäuble auch über die Tochtergesellschaft der Europäischen Zentralbank (EZB), der Bundesbank. Denn der Bundesbankgewinn wandert großteils in den Bundeshaushalt. Griechenlands Finanzminister - der seit Wochen bei der „Troika“ aus EZB, Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds um eine Hilfszahlung von schlappen acht Milliarden Euro nachsucht - überweist nämlich nicht nur zwei Milliarden Euro an Strafzinsen, sondern auch 16 Milliarden Euro Zinsen für reguläre Kredite. Von diesen 16 Milliarden strömt schätzungsweise die Hälfte zu Banken und Versicherungen, die andere Hälfte zur EZB, die zwischenzeitlich viele Euro-Krisenpapiere angehäuft hat. Für Schäuble dürfte daher aus dem Bundesbankgewinn für 2011 ein üppiger zusätzlicher Milliardenbeitrag herausspringen.

Einerseits wie anderseits lohnt sich die Euro-Krise für die Regierung Angela Merkels besonders beim eigenen Schuldenmachen. Denn die Renditen für Bundesanleihen sind auf einem Rekordtief angekommen. Seit dem Ausbruch der Euro-Schuldenkrise boomt die Nachfrage nach deutschen Schuldentiteln, da Profiinvestoren und Amateuranleger seither herdenweise in drei sichere Häfen fliehen: Gold, Schweizer Franken und Bundesanleihen.

Angesichts der grandiosen Nachfrage muss der Bund nur noch Niedrigst-Zinssätze anbieten, um seine Anleihen X-fach überzeichnen zu lassen. Angesichts der allgemeinen Inflationsrate von über zwei Prozent bringen Anleger sogar noch Geld mit, damit sie in deutsche Wertpapiere investieren können.

Der Bund will 2011 für 2,75 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen

Für insgesamt 27,5 Milliarden Euro plante der Bund, während des Jahres 2011 neue Schulden aufzunehmen. Ein Batzen, der deutlich größer ausfällt als die Einnahmen aus Steuern und Abgaben. Die 27,5 Milliarden benötigt Schäuble, um alte Schulden zu tilgen, um Zinsen zu zahlen und um die Staatsausgaben zu finanzieren. Mittlerweile eine preiswerte Pflicht, denn an Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen muss die dafür zuständige Finanzagentur des Bundes in Frankfurt am Main nur noch 1,96 Prozent Zinsen zahlen. Italien muss 5,65 Prozent für zehnjährige Staatsanleihen zahlen, Irland 7,53 und Portugal 10,96.

Selbst Frankreich, das mit Deutschland zusammen in der ersten Liga der Staatsanleiher spielt, muss infolge der Euro-Krise ein dreiviertel Prozent mehr Zinsen an die globalen Investoren zahlen als der Bund. Dieser kleine Unterschied zeigt per Zinseszinseffekt große Wirkung: Die Euroflucht in Bundesanleihen beschert Finanzminister Schäuble nämlich eine außerordentliche Zinsersparnis von überschlagsweise 25 Milliarden Euro. Unterm Strich bleibt so in der EU-Euro-Rechnung ein dickes Plus für Deutschland.


Hermannus Pfeiffer arbeitet als freier Wirtschaftspublizist in Hamburg.