Gegenseitige "Bitte um Vergebung" der Kirchen

Gegenseitige "Bitte um Vergebung" der Kirchen
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, hat für das Reformationsjubiläum 2017 eine gegenseitige "Bitte um Vergebung" der Kirchen vorgeschlagen.

Mit einem ehrlichen Blick auf die Geschichte könnten beide Seiten schauen, "wo wir aneinander schuldig wurden", sagte Schneider am Donnerstag der Deutschen Welle in Bonn. So könne man frei miteinander feiern. Dieses Angebot habe die EKD in Erfurt bei der Begegnung mit Papst Benedikt XVI. unterbreitet. Das Jubiläum dürfe keine "verkniffene Geschichte" werden.

Papst hat "durchaus positive Signale" gesetzt

Beim Ökumene-Treffen mit Benedikt am 23. September in Erfurt hatte die EKD die katholische Seite zur gemeinsamen Feier des Reformationsjubiläums 2017 eingeladen und dazu aufgerufen, aus diesem Anlass Wege der Aussöhnung zu gehen. In sechs Jahren will die EKD an den 500. Jahrestag des Thesenanschlags Martin Luthers (1483-1546) an die Schlosskirche in Wittenberg erinnern. Das Ereignis markiert den Beginn der Reformation.

Schneider äußerte Verständnis für Enttäuschung, die nach dem Treffen mit dem katholischen Kirchenoberhaupt laut wurde. Wer nur den ökumenischen Gottesdienst erlebt habe, "der war sicher enttäuscht". Im Gottesdienst habe der Papst Luther nicht mit einem Wort erwähnt und sich "eher distanzierend bis abwehrend geäußert". Dagegen habe der Papst bei dem nichtöffentlichen Treffen mit der EKD vor dem Gottesdienst in seiner Würdigung Luthers "durchaus positive Signale" gesetzt, betonte Schneider, der auch Präses der Evangelische Kirche im Rheinland ist.

Protestanten warnen vor Entmutigung in der Ökumene

Nach dem Treffen zwischen Papst Benedikt XVI. und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor einer Woche in Erfurt warnen hochrangige Protestanten vor einer Entmutigung in der Ökumene.

Landesbischöfin Ilse Junkermann ermutigte evangelische und katholische Christen, auch nach dem Papstbesuch in Deutschland gemeinsame Wege zu suchen. Zugleich zeigte sich die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland enttäuscht von der Absage des Papstes an konkrete Ökumene-Fortschritte. "Wir Protestanten sind ungeduldiger, was die Ökumene angeht", sagte Junkermann der "Leipziger Volkszeitung" (Freitagsausgabe).

Beim Thema konfessionsverschiedener Ehen habe der Papst das ökumenische Signal für die Zulassung solcher Ehepaare zu Abendmahl und Eucharistie verpasst, beklagte Junkermann. "Diese Ermutigung hätte ein Fenster geöffnet und viele Menschen von einer großen seelischen und geistlichen Not entlastet."

Die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Ellen Ueberschär, warnte vor einer Entmutigung vieler "ökumenisch gesinnter Christen" nach dem Erfurter Treffen. Es sei zwar eine große Geste des Papstes gewesen, die Kirche zu betreten, in der Martin Luther seine erste Messe gelesen hat, sagte sie der "Fuldaer Zeitung" (Freitagsausgabe). Allerdings habe Benedikt die "Chance dieser Stunde dann vergeben."

"Wichtig, die Gesprächsfäden zu sortieren"

Innerhalb der nächsten Wochen solle es Klarheit darüber geben, ob aus der Erfurter Begegnung "etwas Weiteres erwachsen kann", fügte Schneider hinzu. Zugleich wandte er sich dagegen, dass der Vatikan weitere Gespräche lediglich mit dem Lutherischen Weltbund führe. Die 1999 unterzeichnete Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, über die Protestanten und Katholiken jahrhundertelang gestritten hatten, hatte der Vatikan mit dem Weltbund der lutherischen Kirchen sowie dem Weltrat Methodistischer Kirchen ausgehandelt.

Es sei wichtig, "die Gesprächsfäden zu sortieren", empfahl Schneider. Er würde sich für die Zukunft ein stärker geordnetes Verfahren der Beteiligung der EKD wünschen. Falls es dabei bleibe, dass sie nur mit einem Gesprächspartner beteiligt sei, "dann brauchen wir eine Form der Mandatierung".

epd