"Jesus Trail": Pilgern auf den Spuren des Erlösers

"Jesus Trail": Pilgern auf den Spuren des Erlösers
Ein 65 Kilometer langer Wanderweg führt von Nazareth nach Kapernaum. Das Projekt eines jüdischen Israelis und eines Amerikaners soll zahlreiche christliche Pilger anziehen.
21.04.2011
Von Susanne Knaul

Mit festen Schuhen, einem Sonnenhut und viel Wasser sollte ausgerüstet sein, wer sich aufmacht, um auf Jesu Spuren von Nazareth nach Kapernaum zu pilgern. 65 Kilometer lang ist der Weg, der in vier Tagen für den trainierten Wanderer zu meistern ist. Es geht über weite Strecken leicht bergab und um die Osterzeit weht bisweilen noch eine erfrischende Brise.

Das israelische Tourismusministerium legt in diesen Tagen letzte Hand an die Aktualisierung der Internetseite und an mehrsprachige Broschüren mit Tipps für den "Gospel-Pfad". Für umgerechnet gut 410.000 Euro wurden Wegweiser angebracht, Geländer installiert sowie Steinbänke und Picknickplätze geschaffen. Für die eher lauffaulen Pilger gibt es alternative Wege, um per Fahrrad oder sogar mit dem Auto die wichtigsten Orte zu erreichen.

Der Wanderweg führt vom Stadtzentrum Nazareths über den Berg Tabor bis nach Kapernaum. Auf der Strecke liegt unter anderem das Dorf Kana, wo Jesus aus Wasser Wein werden ließ. Auch die Brotvermehrungskirche ist eine Station ebenso wie der Berg der Seligpreisung. Die Strecke soll für den Pilger nicht nur eine körperliche Herausforderung sein, sondern ihm ein spirituelles Erlebnis bieten, das in Erinnerung bleibt.

Mühsame Überzeugungsarbeit für den Jesuspfad

Das Tourismusministerium greift dabei eine Initiative auf, die schon fünf Jahre zurückliegt. Maoz Inon, ein jüdischer Israeli, hatte damals die Idee, den Weg von Nazareth bis Kapernaum christlichen Pilgern schmackhaft zu machen, nachdem er selbst in Neuseeland, in Kalifornien und Südamerika weite Strecken gewandert war. Zusammen mit seiner Frau eröffnete er 2005 im Zentrum von Nazareth und nur einige hundert Meter von der Verkündigungskirche entfernt ein Gästehaus für Rucksacktouristen.

Über einen Internetblog lernte er den Amerikaner David Landis kennen, mit dem er sich gemeinsam dem Projekt annahm. Landis ist Koautor des Buches "Hiking the Jesus Trail and other Biblical Walks in the Galilee" ("Auf dem Jesus-Pfad und anderen biblischen Wegen in Galiläa wandern"), eines Wanderführers mit detaillierten Beschreibungen, historischen Verknüpfungen, geografischen Erklärungen und natürlich den entsprechenden Querverweisungen zum Leben Jesu.

"Zu Beginn des Projekts sind wir nur auf verschlossene Türen gestoßen", erinnert sich der heute 36-jährige Maoz Inon. Sowohl beim Tourismusministerium als auch bei der "Gesellschaft zum Schutz der Umwelt", die gewöhnlich die Wanderwege in Israel markiert, habe sich zunächst niemand für den Jesuspfad interessiert. Erst nach mühsamer Überzeugungsarbeit gelang es den beiden jungen Männern eine Wegemarkierung durchzusetzen. "Wir machen das nicht für Geld", lacht Inon, der froh ist, wenigstens nichts dazuzahlen zu müssen.

Dem Herrn beim Wandern näher kommen

"Mindestens 5.000 Leute", schätzt Inon, sind den Pfad schon gelaufen. Auf seine Anregung hin sind entlang der Wanderroute mehrere Übernachtungsmöglichkeiten entstanden. "Bed and Breakfast" in arabischen Dörfern oder in einem Moschaw, einer jüdischen Landwirtschaftskooperative. "Jesus hat schon damals viele Kulturen getroffen", erklärt Inon, "so sollte es für die Pilger heute auch sein".

Der Amerikaner William Driggers fand den Hinweis auf den Jesuspfad in dem Reiseführer "Lonely Planet" und entschied sich, die Wanderung zum Teil seiner Pilgerreise nach Israel zu machen. "Während ich lief", beschreibt er seine Erfahrung, "hatte ich das Gefühl, meinem Herrn näherzukommen". Der für ihm bewegendste Moment, war der Anblick des Berges Arbel und von dort aus der Blick auf den See Genezareth.

Initiator Maoz Inon hat unterdessen schon eine neue Idee. Bei seinem nächsten Projekt will er den Spuren von König David aus dem Alten Testament folgen. Den jungen Vater von zwei Kindern treibt die Überzeugung an, dass Tourismus als verbindendes Element zwischen den Völkern dienen kann. Wenn länderübergreifendes Reisen in Europa und Südamerika möglich ist, "dann sollte es im Nahen Osten genauso sein", sagt er. Wer im Pass einen Stempel aus Syrien vorweisen kann, darf bei ihm umsonst übernachten, in Nazareth wie in Jerusalem, wo er jüngst ein zweites Gästehaus eröffnete.

epd