Das Bundesverkehrsministerium hat mit Berechnungen zu einer Pkw-Maut in Deutschland kurz vor Ostern für Wirbel gesorgt. Die Planspiele stießen am Montag auf fast einhellige Ablehnung - auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). "Es wird keine Maut geben", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. Ein solches Vorhaben für Personenwagen sei von der schwarz-gelben Bundesregierung nicht vereinbart: "Der Koalitionsvertrag gilt."
Auch das Bundesverkehrsministerium bekräftigte diese Position. "Es gibt das Papier. Natürlich müssen alle Möglichkeiten durchgerechnet werden", betonte die Sprecherin. Aktuell gebe es aber solche Pläne nicht. Die Vorlage, aus der zuerst die "Bild"-Zeitung berichtet hatte, sei ein "Papier auf Arbeitsebene". Es gehe um "Denkanstöße", die nicht weiter verfolgt würden. Bundesländer, Opposition und Verbände reagierten ablehnend.
Den Zeitungsinformationen zufolge gehen die Berechnungen in der Maximal-Variante davon aus, dass die Kfz-Steuer komplett abgeschafft wird und die Autofahrer stattdessen jährlich 365 Euro Pkw-Maut bezahlen müssten. Ramsauer sagte dem Blatt: "In meinem Hause gibt es keine Denkverbote." In den Szenarien wird dem Bericht zufolge unterstellt, dass auch Motorradfahrer Maut zahlen: 30 Euro pro Jahr oder 10 Euro für zwei Monate. Auch dies stehe nicht auf der Tagesordnung, beteuerte die Ministeriumssprecherin.
Drei verschiedene Pläne für Vignetten
Das Papier unter der Überschrift "Verschiedene Szenarien für eine e-Vignette auf Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen" rechnet laut "Bild"-Zeitung vier denkbare Szenarien für Pkw und Lkw bis 12 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht durch.
Variante I, die Einführung einer elektronischen Vignette zu 80 Euro, würde Gesamteinnahmen in Höhe von 3,41 Milliarden Euro bedeuten. Variante II, eine elektronische Vignette für 100 Euro pro Jahr, sieht vor: Wer wenig fährt oder als Ausländer im Transit durch Deutschland reist, kann bei diesem Beispiel eine Vignette für zwei Monate (30 Euro) oder zehn Tage (10 Euro) lösen. Die Gesamteinnahmen würden mit 4,17 Milliarden Euro veranschlagt. In der Variante III soll die Vignette 155 Euro kosten. Bei diesem Beispiel wären 50 Euro für zwei Monate und 17 Euro für zehn Tage fällig. Dies würde 11 Milliarden Euro bringen. Die Variante IV geht davon aus, dass die Kfz-Steuer ganz abgeschafft wird.
Die SPD lehnt nach den Worten ihrer Generalsekretärin Andrea Nahles eine Pkw-Maut als unsozial ab. Ramsauer solle schnellstens Klarheit schaffen, damit die Autofahrer nicht länger verunsichert würden. Auch die Grünen argumentierten so und sprachen von einer "Flatrate für Vielfahrer". Parteichefin Claudia Roth sprach sich aber für eine Ausweitung der City-Maut aus. Für die Linke ist die Pkw-Maut nicht nur ungerecht, sondern auch aus Datenschutz-Gründen abzulehnen.
ADAC: Maut führt zu mehr Verkehrstoten
Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) sagte: "Autofahrer dürfen nicht zur Melkkuh der Nation werden." Auch der Kieler Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) sprach sich gegen weitere Belastungen aus. In einem Flächenland wie Schleswig-Holstein seien über 150 000 Berufspendler täglich auf ihr Auto angewiesen, sagte de Jager der dpa.
Der ADAC erteilte den Überlegungen erwartungsgemäß eine Absage, da sie das Autofahren massiv verteuern und zu mehr Verkehrstoten durch Ausweichverkehr auf Bundes- und Landstraßen führen würden. Der ökologisch ausgerichtete Verkehrsclub Deutschland (VCD) lehnte eine "Förderung für Spritschlucker" ab. Der Umweltverband Nabu forderte Ramsauer zu einem "Ende der Geisterfahrer-Debatte" und zu weniger Investitionen in den Straßenbau auf.
Zustimmung äußerte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU). "Ich bin ausdrücklich für die Einführung einer Pkw-Vignette nach dem österreichischen Modell, wenn wir gleichzeitig die Kfz-Steuer absenken und mittelfristig abschaffen", sagte Fuchs der "Rheinischen Post" (Dienstag). Die Belastung für die Autofahrer dürfe in der Summe aber nicht steigen.