Plötzlich ist das Thema Schweinebucht in den USA wieder ganz aktuell. Kommentatoren und Politiker beschwören die Erinnerung an die "Bay of Pigs", doch nicht, um an den 50. Jahrestag der gescheiterten Invasion Kubas zu erinnern. Die Parallele soll Nordafrika sein: "Wird Libyen Barack Obamas Schweinebucht?", fragen US-Zeitungen in diesen Tagen. Und das politische Amerika kann mit dem geografischen Begriff etwas anfangen: Schweinebucht, das steht für die Einmischung der USA in die Politik Lateinamerikas. Das steht für den Kampf gegen Kubas Revolutionsführer Fidel Castro. Und es steht für ein Debakel, das in Washington bis heute nachwirkt und das einen Schatten auf den strahlenden John F. Kennedy warf.
Der junge Präsident war kaum im Amt, als am 17. April 1961 die aus Exilkubanern zusammengesetzte "Brigade 2506" in der Bahía de Cochinos landete. Mit kräftiger Unterstützung der CIA sollte ein Aufstand gegen Castro initiiert werden, dann sollten die USA der "Volkserhebung" zu Hilfe eilen. Doch die etwa 1.500 Brigadistas wurden schon am Strand besiegt, von einer Erhebung waren die Kubaner weit entfernt. Die meisten von ihnen unterstützten die Revolution. Der peinlich berührte Kennedy versagte die militärische Unterstützung, nach drei Tagen war der Spuk vorbei.
Exil-Kubaner kämpfen noch immer gegen Kuba
Aber der Spuk wirkt bis heute fort. Kennedy hatte, noch keine hundert Tage im Amt, das Vertrauen in seinen Geheimdienst verloren, der ihm versprochen hatte, die Kubaner würden nur auf ein Zeichen von außen warten. Und Kennedy war zugleich bei Exilkubanern und Rechten zum Verräter geworden, hatte er den Kameraden doch die versprochene Hilfe verweigert. Nicht umsonst wurden nach Kennedys Ermordung 1963 immer wieder Exilkubaner, Mafiosi mit besten Beziehungen zur Insel oder sogar Castro als Attentäter in den Verschwörungstheorien gehandelt.
[listbox:title=Die Invastion in der Schweinebucht[Die bewaffnete Invasion der Schweinebucht (Bahía de Cochinos) an der Südküste Kubas sollte 1961 Fidel Castros Herrschaft auf der Karibikinsel beenden. Die CIA hatte 1.500 Exil-Kubaner ausgebildet, die Castro stürzen sollten. Die USA flogen zwei Tage vorher Luftangriffe gegen die kubanische Luftwaffe. Die Einschätzung der CIA, dass die kubanische Armee zu ihnen überlaufen würde, erwies sich aber als falsch. 1.200 Angreifer wurden gefangengenommen und Ende 1962 für 53 Millionen Dollar durch die USA freigekauft.]]
Die Exil-Kubaner haben in den USA eine starke Lobby. Allerdings erscheint ihr Bekenntnis zur kubanischen Freiheit eher wie ein Lippenbekenntnis: Keiner scheint so recht daran zu glauben.
Mit friedlichen Bürgerrechtlern haben die Exil-Kubaner nicht viel gemeinsam. Viele würden lieber heute als morgen ihre frühere Heimat befreien - mit dem Schwert statt dem Ölzweig. Sie beschränkten sich in der Vergangenheit nicht etwa auf Demonstrationen und Lobbyarbeit, sondern wurden aktiv. Manche warfen aus kleinen Sportmaschinen über Kuba Flugblätter ab. Andere schmuggelten regimekritische Bücher auf die Insel. Und manche griffen zu Sprengstoff und Pistole, um das verhasste Regime zu bekämpfen.
Kuba feiert das amerikanische Desaster von 1961
Der kubanische Geheimdienst antwortete nicht weniger radikal. So wurden zwei Sportmaschinen mit Exilkubanern 1996 abgeschossen - über internationalen Gewässern. Die USA machten für den Tod der vier Insassen fünf Agenten verantwortlich, die die Gruppen in Florida unterwandert hatten, und verurteilten sie zu langen Haftstrafen. Die "Miami Five" tauchen in kubanischen Medien immer nur als "unrechtmäßig eingesperrte Antiterroristen" auf. In den USA bleiben davon nur die letzten elf Buchstaben übrig: "Terroristen".
Jetzt wird das US-Desaster von 1961 in Kuba gefeiert - ebenso wie in Venezuela oder Russland. In den USA dient das Ereignis eher als Anschauungsstück. "Hoffentlich hat der Einsatz in Libyen nicht das selbe Ergebnis", sagt Autor Warren Trest, dessen Buch zur Schweinebucht gerade wieder aufgelegt wird. Denn die gescheiterte Invasion habe Castro weltweit Auftrieb gegeben. George F. Will erinnerte in der "Washington Post" im Zusammenhang mit Libyen an einen Auftritt Kennedys im Dezember 1962 in Miami. Mit der Fahne der "Brigade 2506" in der Hand sagte er: "Ich verspreche Ihnen, dass diese Fahne mit der Brigade zurückkehren wird in ein freies Havanna." Darauf warten die Brigadistas noch heute.