"Bagelwurst Exchange": Schwierige Namenssuche für neue Börse

"Bagelwurst Exchange": Schwierige Namenssuche für neue Börse
Die Deutsche Börse und die New York Stock Exchange treiben ihre Fusion unbeirrt voran. Gerade versuchen sie eine der wichtigsten Fragen zu lösen: Wie soll das Unternehmen denn nun heißen? Es gibt massig Vorschläge, darunter einige nicht ganz ernst gemeinte.
13.04.2011
Von Daniel Schnettler und Claudia Kahlmeier

Dieses Problem wäre zum Schmunzeln, wenn es nicht so ernst wäre: Da schmieden die Deutsche Börse und die New York Stock Exchange den größten Börsenbetreiber der Welt. Sie klären nach jahrelangem Hickhack endlich die Anteilsverhältnisse, richten die Finanzen und werden sich sogar über den neuen ersten Mann einig. Nur bei einem Punkt herrscht Ratlosigkeit: beim Namen.

"Das ist eine emotionale Frage", stellte der New Yorker und bald Gesamt-Börsenchef Duncan Niederauer schon zu Beginn fest. Und er sollte Recht behalten. Seit Monaten läuft eine hitzige Debatte darüber, wie das neue Unternehmen denn nun heißen soll, vor allem in den Vereinigten Staaten. Für die Amerikaner ist es eine Frage der nationalen Ehre.

"Das Kapital" oder "Bagelwurst Exchange"?

Auf den Managern lastet also eine schwere Verantwortung. Doch es naht Hilfe. Viele Mitarbeiter hatten sich Gedanken gemacht. "Insgesamt sind auf beiden Seiten 1100 Vorschläge eingegangen", hieß es aus dem Umfeld der Börsen. Die Experten der Markenberatung Interbrand wühlen sich nun durch den Wust an Begriffen. Doch bis der richtige Kandidat gefunden ist, dürfte es dauern.

Das "Wall Street Journal" verkürzte seinen Lesern die Wartezeit mit einigen nicht ganz ernst gemeinten Namensvorschlägen: Wie wäre es mit "DasKapital" - "Weil wir ja alle wissen, dass die Deutschen das Heft in der Hand haben", so die US-Zeitung. Oder "Bagelwurst Exchange" - eine Wortschöpfung aus den Leibspeisen der New Yorker und Frankfurter. Kulinarisch geht es weiter mit "Gemischter Salat" (immerhin wissen die Leser des "Wall Street Journal" jetzt, was sie bei ihrem Deutschlandbesuch im Restaurant bestellen müssen).

Eigentlich ist die Suche nach dem Namen eine ernste Angelegenheit: Immerhin gelten beide Konzerne als Platzhirsche in der Börsenwelt, quasi als nationale Heiligtümer, die sich ungern in der zweiten Reihe sehen wollen. Deshalb stößt ihnen auch das Konkurrenzangebot der kleineren Technologiebörse Nasdaq für die NYSE so bitter auf. Die Nasdaq könnte damit alle Fusionsbemühungen kaputt machen.

Die Politiker in den Aufsichtsräten müssen zustimmen

Doch noch ist das Rennen offen, und die Namenssuche geht weiter. Eine einfache Aneinanderreihung "Deutsche BörseNYSE Euronext" scheidet aus. Schon die verkürzte Variante "DB NYSE Group" sorgte auf amerikanischer Seite für jede Menge Ärger, gilt doch die New York Stock Exchange als Herz des amerikanischen Kapitalismus. Da darf der Name nicht hinten stehen. "NYDeutsche" wiederum dürfte hierzulande schwer vermittelbar sein, schließlich werden die Aktionäre der Deutschen Börse 60 Prozent am neuen Gesamtunternehmen halten.

In den USA macht vor allem der republikanische Senator Charles Schumer Stimmung dafür, dass die "Kultmarke" NYSE prominent platziert wird. "Es ist ein Symbol dafür, dass New York weiterhin die Finanzhauptstadt der Welt ist", sagte Schumer bei einer Anhörung in Washington. Der ebenfalls anwesende US-Finanzminister Timothy Geithner signalisierte seine Rückendeckung: "Ich stimme mit Ihnen überein, dass dies die wohl bekannteste Börse der Welt ist."

Das Problem: Für die Fusion brauchen Deutsche Börse und NYSE Euronext die Zustimmung der Aufsichtsbehörden beider Länder. Da darf man es sich nicht mit den einflussreichen Politikern verscherzen.

Für die Markenberater von Interbrand wird das keine leichte Aufgabe. Die Experten müssen einen möglichst unverfänglichen und zugleich aussagekräftigen Namen finden, der zwar Emotionen weckt, aber keine Aversionen. Derweil sind die Börsianer selbst ganz pragmatisch. Sie sprechen in Ermangelung eines konkreten Namens derzeit einfach nur von der "NewCo", zu deutsch dem "neuen Unternehmen".

dpa