Filmkritik: "Das Schmuckstück" von François Ozon

Filmkritik: "Das Schmuckstück" von François Ozon
Im Hermelin gegen die Streikenden: François Ozon setzt in seiner Emanzipationskomödie "Das Schmuckstück" die großartige Catherine Deneuve in Szene.
22.03.2011
Von Silvia Hallensleben

Die großartige Catherine Deneuve spielt in Francois Ozons neuem Film das "Schmuckstück" - so lautet auch der Titel des Films. Die leicht matronige Suzanne Pujol, die Frau eines Fabrikbesitzers, muss nach dem Herzinfarkt ihres Mannes die Firma leiten. Ozon legt in seinem eine perfekt durchgestylte Zeitkomödie vor. Dabei gelingt dem französischen Regisseur eine raffinierte Filmfarce mit brillanten Schauspielern, gegen die man nur einwenden kann, dass sie ihrem selbst gestellten emanzipatorischen Anspruch nicht ganz gerecht wird.

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Suzannes Gatte Robert ist selbst für einen bourgeoisen Patriarchen ein bisschen zu patriarchal und lässt seine cholerischen Anfälle im heimischen Chateau an der Ehefrau ab, und in der gleich nebenan angesiedelten Regenschirmfabrik an den Mitarbeitern. Sexuell lässt er sich während der Dienstzeit von der Sekretärin beglücken, feierabends im Badaboum-Club vollprofessionell.

In Schwung gebracht wird die Komödie mit einer gewerkschaftlich-körperlichen Parallelaktion: Erst bricht im Werk ein Streik aus, ein Herzinfarkt kommt hinzu - und plötzlich ist der böse Patron im Krankenhaus, und Suzanne rückt mit Hermelinstola und Schmuck behängt zur Betriebsversammlung an.

Und siehe da: Trotz ihres grässlichen Auftritts ist die neue Chefin nicht nur höchst kompromissbereit, sie führt das einst von ihrem Vater gegründete Familienunternehmen auch innerhalb weniger Monate zu sozialpartnerschaftlicher Blüte - an ihrer Seite ein erz-neoliberales Töchterlein und ein Sohn, der seine künstlerische Neigung mit der Kreation von Kandinsky-Schirmen ausleben darf.

Erwähnt werden muss noch, dass Madame in ihrer Jugend ein radpannenbedingtes Techtelmechtel mit einem Pujol-Arbeiter hatte, der mittlerweile als schwergewichtiger kommunistischer Bürgermeister (Gérard Depardieu) auch politisch Einfluss hat. Selbstverständlich schickt der vergangene Vorfall seine amourösen Spuren auch ins filmische Jetzt.

Als die Kommunisten noch eine Macht in Frankreich waren

Dieses liegt in der Vergangenheit, denn Ozon hat seine freie Adaption eines 1980 entstandenen Bühnenstücks im Jahr 1977 angesiedelt, einer Zeit, in der die Kommunisten noch eine Macht in Frankreich waren. Er habe die Retro-Ansiedlung gewählt, um Spitzen auf die heutige Politik spielerisch freier gestalten zu können, sagt der Regisseur.

Ozon nutzt die Situation aber vor allem, um - wie schon in "Acht Frauen", seiner ersten Zusammenarbeit mit Deneuve - lustvoll im Dekor zu schwelgen. Alles sitzt perfekt, selbst die haarspraysatten Frisuren sind farblich exakt auf das Mobiliar der Pujol-Villa abgestimmt. Allerdings hat die Handlungsführung von Ozons Film durchaus Schwächen und enttäuscht mit groben Inkonsequenzen und Detailarmut in eigentlich komödienträchtigen Aspekten.

Frankreich 2010. Regie und Buch: François Ozon (nach dem Stück von Barillet und Grédy). P: Eric und Nicolas Altmayer. Mit Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini, Karin Viard. 104 Min. FSK: ab 6,ff. FBW: besonders wertvoll

epd