Nach dem Atomunfall ist "Die Wolke" wieder gefragt

Nach dem Atomunfall ist "Die Wolke" wieder gefragt
Nach der Reaktor-Katastrophe in Japan wird Gudrun Pausewangs Jugendbuch-Klassiker "Die Wolke" wieder gekauft. Die Nachfrage sei in den vergangenen Tagen stark gestiegen, bestätigte eine Sprecherin des Ravensburger Verlags am Freitag auf der Leipziger Buchmesse. "Nach den entsetzlichen Ereignissen in Japan steigt bei den Menschen das Bedürfnis nach literarischer Verarbeitung."
20.03.2011
Die Fragen stellte Sandra Trauner

Der 1987 erstmals veröffentlichte Roman, in dem Pausewang die Folgen eines möglichen Reaktor-Unglücks in Deutschland beschreibt, ist beim Internet-Buchhändler Amazon an die Spitze der Titel bei deutschen Kinder- und Jugendbüchern geklettert. Pausewangs "Die Wolke" ist Schullektüre - das Buch wurde insgesamt mehr als eine Million mal verkauft. 1988 wurde das Buch mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, 2006 verfilmt. "Die Wolke" wurde laut Verlag in elf Sprachen übersetzt - darunter auch japanisch. Die im hessischen Schlitz lebende 83-jährige Autorin Gudrun Pausewang schreibt seit vielen Jahren aufrüttelnde Jugendbücher zu den Themen Frieden und Umweltschutz. Im dpa-Interview machte die Autorin deutlich, wie sehr sie das Geschehen in Japan bewegt.

Fühlen Sie sich durch die Ereignisse in Japan bestätigt?

Gudrun Pausewang: "Ja, leider. Ich wollte, diese Reaktorkatastrophe wäre nie geschehen. Es ist eine tief traurige, niederdrückende Bestätigung." (Foto links: dpa)

Ihr Roman entstand nach Tschernobyl - hätten Sie nach Fukushima anders geschrieben?

Pausewang: "Nein. Ich habe mich schon damals über mögliche Folgen einer Reaktorkatastrophe gut informieren können. Die Anti-Atomkraft-Bewegung der Siebziger- und Achtzigerjahre hat ihren Angehörigen bereits gutes Info-Material angeboten."

Was empfinden Sie, wenn Sie diese Bilder im Fernsehen sehen?

Pausewang: "Tiefes Mitgefühl mit den Opfern. Und die bisher unbeantwortet gebliebene Frage, warum sich das japanische Volk nicht gegen die Atomindustrie auf ihren so oft von Erdbeben heimgesuchten und von Seebeben bedrohten Inseln gewehrt hat."

Wie beurteilen Sie die Reaktion der deutschen Regierung?

Pausewang: "Ich traue unserer Regierung nicht. Das Moratorium lässt vermuten, dass es ihr vor allem um den für sie günstigen Ausgang der Wahlen geht. Unser Volk aber verlangt in seiner Mehrheit ein möglichst baldiges, totales Ende der Atomkraftnutzung."

Was wollten Sie mit der "Wolke" erreichen? Und ist es Ihnen gelungen?

Pausewang: "Ich wollte warnen. Natürlich kann Warnung Angst wecken. Aber man sollte die Angst nicht so verteufeln. Sie wurde uns von der Natur mitgegeben als Hilfe zum Überleben. Ich glaube schon, dass die politische Einstellung vieler heutiger Atomkraftgegner während ihrer Lektüre meiner "Wolke" entstand." 

dpa