Bei einem der schwersten Zugunglücke in Deutschland seit Jahren sind nahe Oschersleben in Sachsen-Anhalt mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Rund 40 weitere wurden nach Polizeiangaben verletzt, als der HEX-Nahverkehrszug am späten Samstagabend bei Hordorf ungebremst mit einem Güterzug zusammenstieß. Sie wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht. Mehrere Verletzte schwebten am Sonntagmorgen noch in Lebensgefahr.
Der mit rund 50 Fahrgästen besetzte Nahverkehrszug war auf der eingleisigen Strecke mit Tempo 100 auf den Güterzug geprallt, der ihm mit etwa 80 Stundenkilometern entgegenkam. Der Personenzug entgleiste kurz vor der Haltestelle Hordorf. Die Waggons wurden zusammengedrückt. Wie es zu dem Zusammenstoß gegen 22.30 Uhr kommen konnte, ist noch unklar.
Lokführer getötet
Weil mehrere Menschen sehr schwer verletzt sind, ist nicht auszuschließend, dass sich die Zahl der Toten erhöht. Alle verfügbaren Rettungskräfte der Region waren im Einsatz. Am Vormittag (9.00) werden auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) und Innenminister Holger Hövelmann (SPD) am Unglücksort erwartet.
Der HarzElbeExpress (HEX) befand sich auf dem Weg von Magdeburg nach Halberstadt. Ein Sprecher des privaten Bahnunternehmens sagte, unter den Toten seien auch der Lokführer und eine Zugbegleiterin. Die Untersuchungen zur Unfallursache laufen. "Derzeit gehen die Ermittlungen in alle Richtungen, sowohl was menschliches Versagen als auch die Technik angeht", erklärte ein Sprecher der Bundespolizei. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Am Unglücksort bot sich in der Nacht ein Bild der Verwüstung. Der Personenzug aus Triebwagen und einem Waggon lag auf der Seite auf dem schneebedeckten Boden. Teile des Zuges wurden zerfetzt. Die Wucht des Aufpralls hatte das Fahrzeug aus den Schienen springen lassen.
Dichter Nebel
Der Triebwagen müsse wahrscheinlich vor Ort zerlegt werden, sagte Andreas Putzer, Geschäftsführer des privaten Bahnunternehmens Harz-Elbe Express HEX. Der mehrere hundert Meter lange Güterzug der Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter, der Kalk geladen hatte, stand weiter auf den Schienen. Die Unfallstelle liegt im freien Feld, in der Nacht herrschte dort dichter Nebel.
Eine Luftrettung war wegen der schlechten Sicht nicht möglich. Laut Polizeisprecher fuhren die Züge mit so hohem Tempo aufeinander, dass die Passagiere vorn im Zug sofort tot waren. "Es ist ein schwerer Einsatz und ich hoffe, dass die Kameraden durchhalten", sagte Feuerwehreinsatzleiter Bernd Delecke.
Lob für Rettungsdienste
Sachsen-Anhalts Innen-Staatssekretär Rüdiger Erben (SPD) sagte am Unglücksort, das Signal für den HEX-Nahverkehrszug habe auf Grün gestanden. Allerdings seien daraus keine Rückschlüsse auf eine Schuld oder die Unglücksursache zu ziehen. Sie müsse erst noch ermittelt werden. Der Politiker lobte indes die Arbeit der Helfer von Polizei, Feuerwehren, Rettungsdiensten und Technischem Hilfswerk: "Der Einsatz hat hervorragend geklappt."
dpa