Afghanistan: Tauziehen um Parlamentseröffnung

Afghanistan: Tauziehen um Parlamentseröffnung
Abgeordnete widersetzen sich Karsai: Das afghanische Parlament und Staatschef Hamid Karsai sind weiter uneins über die konstituierende Sitzung der neuen Volksvertretung.

In Afghanistan geht das politisch Tauziehen zwischen Präsident Hamid Karsai und dem Parlament trotz Intervention der internationalen Gemeinschaft weiter. Ein Teil der Volksvertreter lehnte am Sonntag den Vorschlag Karsais ab, die erste Sitzung des neu gewählten Parlaments am Mittwoch abzuhalten, wie afghanische Medien berichteten. Karsai hatte ursprünglich die Überprüfung der Ergebnisse der Wahl vom vergangenen September vor der ersten Sitzung abwarten wollen. Daraufhin hatte ein Teil der Abgeordneten damit gedroht, das Parlament gegen den Widerstand des Präsidenten an diesem Sonntag zu eröffnen.

Schwelender Konflikt zwischen Parlament und Karsai

Ein Spezialgericht prüft derzeit noch rund 400 Vorwürfe von Wahlbetrug. Die USA und die Vereinten Nationen hatten in den vergangenen Tagen heftigen Druck auf Karsai ausgeübt, die Eröffnung des 249-köpfigen Parlaments nicht weiter zu verschieben. Karsai schlug daraufhin am Samstag vor, die Volksvertretung solle am Mittwoch erstmals tagen. Im Gegenzug verlangte er jedoch, dass die Abgeordneten sich den Urteil des Spezialgerichtes fügen müssten.

Nachdem dieser Vorschlag von Teilen der Volksvertretung zurückgewiesen wurde, ist unklar, wie die politische Blockade in Kabul überwunden werden kann. Der schwelende Konflikt zwischen dem Parlament und Karsai ist nur die jüngste Episode der missglückten Abstimmung für ein neues Abgeordnetenhaus in Kabul. Schon vor der Bekanntgabe der Endergebnisse hatte es Proteste gegen die Wahl vom 18. September gegeben. Die Resultate hatten sich wegen umfangreichen Nachzählungen und der Disqualifizierung von Kandidaten stark verzögert. Die Wahlbeschwerdekommission des Landes musste über 6.000 Beschwerden prüfen.

Zur Abstimmung für das neue Abgeordnetenhaus waren fast 2.500 Kandidaten angetreten. Wegen Unregelmäßigkeiten und Massenbetrug hatte die Wahlkommission angeordnet, über 1,3 Millionen Stimmzettel - fast ein Viertel der Stimmen - neu auszuwerten. Unabhängige Wahlbeobachter hatten schon am Wahltag von systematischem Betrug an den Wahlurnen, Stimmenkauf, Einschüchterung der Wähler und der massenhaften Nutzung gefälschter Wahlzettel berichtet. Auch die Präsidentschaftswahl 2009 war von massivem Wahlbetrug überschattet gewesen. Monatelang war über das Endergebnis gestritten worden.

epd