Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) wies am Mittwoch Kritik an der deutschen Hilfe zurück. Bei dem Attentat in Alexandria mit mindestens 23 Toten habe es sich nicht um staatliche Verfolgung gehandelt. Nach Schätzung des Hilfswerks "Open Doors" werden rund 100 Millionen Christen weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Amnesty International warnte unterdessen davor, andere verfolgte Minderheiten aus dem Blick zu verlieren.
Merkel bekennt sich zu Schutz christlicher Minderheiten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich zum Schutz christlicher Minderheiten in der ganzen Welt bekannt. "Glaubens- und Religionsfreiheit sind ein essenzieller Wert, ein Kernwert der deutschen Außenpolitik", sagte die CDU-Vorsitzende der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe). "Dass Leib und Leben von Minderheiten weltweit geschützt werden, auch der christlichen Minderheiten in zahlreichen Ländern, ist für uns ein zentrales Anliegen."
Merkel weiter: "Es ist keine kulturelle, westliche, europäische, christliche Anmaßung, dass wir unsere Werte und Freiheitsrechte für universal gültig halten." Fast alle Staaten seien Mitglied der Vereinten Nationen und hätten die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte anerkannt. Kein kultureller Unterschied könne die Missachtung dieser Rechte rechtfertigen. "Wenn wir selbstbewusst zu unseren Werten stehen, verschafft uns das weltweit mehr Respekt und Anerkennung, als wenn wir es nur verschämt tun", fügte Merkel hinzu.
Hilfe für christliche Organisationen in Ägypten
Niebel sagte im Südwestrundfunk, die ägyptische Regierung habe kein Interesse an solchen Terroranschlägen. Die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp (FDP) sagte dem epd, die deutsche Entwicklungspolitik richte sich konsequent an Menschenrechten aus. Eine gezielte Förderung einer Religions- oder Volksgruppe könne es nicht geben. Deutschland zahlt dem arabischen Land im Durchschnitt 64 Millionen Euro im Jahr.
Kopp wies die Auffassung des koptischen Bischofs Anba Damian zurück, Christen werde Entwicklungshilfe vorenthalten. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland hatte beklagt, dass die staatliche deutsche Hilfe an islamische Organisationen in Ägypten fließe. "Wir werden von der Entwicklungshilfe so gut wie ausgeschlossen", sagte Damian der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwochsausgabe).
Dem trat auch der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) entgegen. "Der EED unterstützt mit Mitteln des Bundesministeriums christliche Organisationen in Ägypten", sagte ein Sprecher des evangelischen Hilfswerks in Bonn dem epd. Die koptisch-orthodoxe Kirche erhalte derzeit 250.000 Euro pro Jahr für Projekte, ein koptisch-evangelisches Sozialwerk 500.000 Euro. Christen stellen etwa zehn Prozent der 80 Millionen Ägypter.
Weltweit werden nach Schätzung des Hilfswerks "Open Doors" rund 100 Millionen Christen aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Nordkorea führe die Liste der Länder an, in denen Christen am stärksten verfolgt werden, erklärte die Organisation am Mittwoch in Kelkheim. Auf den nächsten Plätzen rangieren der Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien und Somalia. Der Irak, in dem es im vergangenen Jahr zahlreiche Gewaltakte gegen Christen und Kirchen gab, rückte von Platz 17 auf Rang acht vor.
Unterdessen kritisierte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dass nach dem Anschlag auf Christen in Ägypten andere verfolgte Minderheiten aus dem Blickfeld geraten. Als Beispiele für andere verfolgte und diskriminierte Minderheiten nannte die Amnesty-Nahostexpertin Ruth Jüttner in einem epd-Gespräch die Bahai in Ägypten sowie schiitische Muslime, Jesiden und Mandäer im Irak.
Deutsche Bischöfe solidarisch mit Kopten
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, sieht in der Frustration und Depression vieler Menschen aufgrund schlechter Lebensverhältnisse einen Nährboden für die zunehmende Verfolgung von Christen. Zusammen mit einem radikalisierten Glauben führten Hunger und Armut zu einer hochexplosiven Mischung, sagte der Theologe am Dienstagabend im ZDF-"heute journal".
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz erklärte ihre Solidarität mit der koptischen Kirche. "Christen des Nahen Ostens durchleben in diesen Tagen sehr schwere Zeiten. Ausdrücklich möchte ich deshalb unsere tiefe Verbundenheit mit den Kopten betonen", erklärte der Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, am Mittwoch in Bonn. Zahlreiche katholische Bischöfe wollen in den nächsten Tagen an den Trauerfeierlichkeiten für die Opfer des Anschlags teilnehmen.
Auch die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) brachte ihre Trauer zum Ausdruck. In ökumenischer Verbundenheit "stehen wir als Christen in Deutschland zusammen auch in diesen für ihre Kirche so schweren Tagen", heißt es in einem Schreiben des Leitenden VELKD-Bischofs, Johannes Friedrich (München), an Bischof Damian im westfälischen Höxter.
Ein unbekannter Selbstmordattentäter hatte in der Silvesternacht nach einer koptischen Messe in Alexandria eine Bombe gezündet. Dabei wurden nach neuesten Medienberichten mindestens 23 Menschen getötet, Dutzende wurden verletzt. Die genauen Hintergründe der Tat sind unklar. Als Drahtzieher des Anschlags werde radikale Islamisten vermutet.