Der Schock sitzt tief bei Pigol Bassili. "Das ist furchtbar, einfach furchtbar", sagt der 76-jährige mit zitternder Stimme. Der Priester einer der größten koptisch-orthodoxen Kirchengemeinden in Deutschland kommt derzeit kaum zum Trauern. Nach dem Anschlag auf seine Glaubensbrüder im ägyptischen Alexandria muss er den rund 1000 Mitgliedern der Frankfurter St. Markusgemeinde mehr denn je mit Rat und Trost zur Seite stehen.
"Mehrere haben bei dem Anschlag Angehörige verloren", berichtet "Vater" Bassili. Insgesamt waren bei dem Selbstmordattentat in der Neujahrsnacht 21 Menschen mit in den Tod gerissen worden. "Viele Familien suchen jetzt das Gespräch mit mir, sie sind besorgt." Vor allem, weil weitere Anschläge nicht ausgeschlossen werden können - auch nicht in Deutschland, wo rund 6000 koptische Christen leben und wo in Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsfest am 6. Januar vielerorts große Sorge herrscht.
Aus Angst vor Anschlägen werden auch die Sicherheitsvorkehrungen für die Kopten in Deutschland auf den Prüfstand gestellt. Der Bischof der hiesigen Kopten, Anba Damian, hat sich hilfesuchend auch an das Bundesinnenministerium gewandt: "Die Kriminalpolizei hat uns mehrfach vor Überfällen durch radikale Muslime auf unsere Christmette gewarnt." Das Bundeskriminalamt (BKA) bestätigte am Montag, dass die Landespolizeibehörden an Heiligabend über "allgemeine Anschlagsdrohungen" gegen die Kopten informiert wurden. Entsprechende Hinweise im Internet habe es bereits vor Weihnachten gegeben.
Priester: "Wir werden ganz normal Weihnachten feiern"
Die Sicherheitsbehörden in Frankfurt nehmen die Warnungen ernst: "Wir werden geeignete Maßnahmen treffen", sagte Polizeisprecher Jürgen Linker am Abend, ohne Details zu nennen. Man sei im Gespräch mit der Gemeinde. Linker warnte jedoch zugleich davor, eine Gefahr "herbeizureden".
Auch Pigol Bassili legt Wert darauf, dass die Christmette wie gewohnt über die Bühne geht: "Am Donnerstagabend um 20 Uhr geht es los, wir werden ganz normal Weihnachten feiern." Allerdings werde der Gottesdienst früher enden als sonst, damit die Gläubigen nicht wie sonst erst lange nach Mitternacht nach Hause gehen können. "Viele fühlen sich eben doch ein bisschen unwohl", sagt der ägyptische Priester.
Die Gemeinde will sich durch die Tat der Terroristen ihr Fest nicht verderben lassen - Solidarität mit den Glaubensbrüdern in der Heimat hat aber oberste Priorität. "Am kommenden Samstag veranstalten wir ein ökumenisches Gebet, in Gedenken an die Opfer von Alexandria", kündigt Bassili an. Wie sonst auch stünden die Kirchentüren weit offen. "Jeder ist eingeladen, egal welcher Religion oder Nationalität. Hauptsache, er trägt keine Bombe unter dem Hemd."