Im Zentrum von Bethlehem schmücken aufblasbare Weihnachtsmänner und Lichterketten die Straßen. Aus einem Souvenirladen klingt das Evergreen "Stille Nacht". Die kleine Stadt scheint nach den tristen Jahren der Intifada langsam wieder zu sich zu kommen. Zum ersten Mal seit September 2000, als der zweite Palästinenseraufstand losbrach, sind über die Weihnachtstage wieder alle Hotels voll belegt.
Trotz des wiederauflebenden Touristenandrangs bleiben dennoch viele Geschäfte geschlossen. Um die Händler bei der Stange zu halten, federt die Palästinensische Autonomiebehörde mit monatlich 200 Dollar die Defizite ab, bis die Geschäfte wieder in Gang kommen. Die Zahl der Touristen veranschlagt das Tourismusministerium auf nahezu zwei Millionen bis Ende des Jahres. Das sind fast so viele wie vor der Intifada. Die zumeist christlichen Pilger kommen ungeachtet der neun Meter hohen Mauer, die sich am Grab der Rachel bis tief in die Stadt zieht, und ungeachtet der militärischen Grenzkontrollstellen, an denen es häufig zu langen Wartezeiten kommt.
"Für die Freiheit von Palästina"
Die Stadt soll wieder attraktiver werden für Besucher aus dem Westjordanland und vor allem aus dem Ausland. Trotz widriger Umstände und unsicherer Zukunft investiert die Palästinensische Autonomiebehörde mit internationaler Unterstützung schon jetzt große Summen in Bethlehem. Die Geburtskirche soll restauriert werden. "Sie braucht dringend ein neues Dach", sagt die junge Tourismusministerin Kholoud Daibes, die das Augenmerk nicht mehr allein auf die Pilger legt.
Auch für "politische Touristen", die zunehmend und gerade wegen der schwierigen Lage die Stadt besuchen, soll Bethlehem attraktiv werden. Das Motto von Weihnachten 2010 ist eine Kombination, die beide Gruppen ansprechen könnte: "Beten für die Freiheit von Palästina". Das kommende Jahr soll ein Jahr des Friedens sein und ein Jahr, das das Ende der Besatzung einläutet.
Nicht nur für fromme Besucher geeignet ist das Internationale Geburts-Museum, das gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsfest seine Türen öffnet. In den alten Gemäuern eines Frauenklosters, das einst ein Waisenhaus beherbergte, sind Skulpturen aus aller Welt und aus vielen Epochen versammelt.
Jesus hat viele Gesichter
Zentrales Thema der Ausstellung ist die biblisch überlieferte Krippenszene. Was bei den rund 200 Werken variiert, ist die Zeit und das Umfeld des neugeborenen Jesuskindes, der jeweils "im Hier und Jetzt dargestellt wird", wie die Museums-Direktorin Elisa Nucci erläutert. Mal trägt Jesus eine südamerikanische Haube, mal hat er Schlitzaugen oder schwarze Hautfarbe.
Das künstlerische Niveau ist bei den Holzschnitzereien, Perlmuttarbeiten oder auch gestrickten Puppen von palästinensischen Beduinenfrauen recht unterschiedlich. "Man muss kein Künstler sein, um Kunsthandwerk anzufertigen", meint die 29-jährige Italienerin Nucci. An das Museum angekoppelt ist eine Kunstschule für junge Palästinenser, die entweder besonders begabt sind oder Hilfe brauchen. Dazu gehören misshandelte Frauen, politische Häftlinge und Behinderte, die die einfacheren, technischen Arbeiten ausführen und für die die Schule eine der wenigen Chancen in der Stadt bietet, einen Beruf zu erlernen.
Geburtsmuseum nach zehn Jahren wiedereröffnet
Im letzten der zwölf Räume sind die Werke der Studenten ausgestellt. Der Unterschied zu den eher einfach gehaltenen Krippen, den holzgeschnitzten Kamelen und Marienstatuen, die in den Souvenirläden in Bethlehem im Übermaß angeboten werden, liegt im Detail. "Einer unserer Kurse konzentriert sich nur auf den Ausdruck der Gesichter", sagt Nucci, die es bedauert, dass "das professionelle Niveau des traditionellen palästinensischen Kunsthandwerks unter dem Geschäft mit den Touristen sehr gelitten hat".
Das Geburts-Museum war schon einmal zu Weihnachten 1999 eröffnet worden, rechtzeitig zu den Millenniumsfeiern im heiligen Land. Doch aufgrund der angespannten politischen Lage musste es bereits neun Monate später wieder schließen. Die Wiedereröffnung in diesem Jahr fällt deswegen deutlich bescheidener aus. "Man weiß ja nie, wie sich die Dinge hier entwickeln", meint Nucci zweifelnd. Ihr Ziel ist es, das Museum in dem obligatorischen Bethlehem-Programm der "Guides" unterzubringen, damit möglichst viele Touristen kommen.