Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte an die Opposition, im Vermittlungsausschuss rasch über eine Hartz-IV-Erhöhung zu entscheiden. Dies sei "im Sinne der Kinder und Erwachsenen, die auf das Geld und die Bildungsangebote warten" notwendig, sagte Merkel der "Bild"-Zeitung.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, der dem Vermittlungsausschuss angehört, sagte, der Ausschuss werde sicher vier Wochen intensiver Arbeit benötigen. Am Montag solle dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden. Gleichwohl müssten ab Januar 2011 Zahlungen an die Hartz-IV-Empfänger erfolgen. Verzögerungen dürften nicht zu ihren Lasten gehen.
Risiko der Überbezahlung?
Ein Risiko für Überzahlungen gebe es nicht, sagte der SPD-Politiker. Es sei Konsens unter allen Parteien und Ländern, dass mindestens fünf Euro mehr gezahlt werden müssten.
Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses kann eine erste Sitzung des Vermittlungsausschusses am kommenden Montag stattfinden. Es wird erwartet, dass die Hartz-IV-Reform im Bundesrat scheitert, weil die unionsgeführten Länder dort keine Mehrheit haben. Der Kabinettsbeschluss war notwendig, weil im Bundesrat voraussichtlich auch keine Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses zustande kommen wird.
Dafür müsse die Bundesregierung sorgen. Es sei nach geltendem Recht außerdem möglich, den Kindern bereits ab Januar Bildungsförderleistungen zu gewähren, sagte Oppermann. Die Gegner der Hartz-IV-Reform würden sich daher von der Bundesregierung nicht unter einen künstlichen Zeitdruck setzen lassen.
Kritik am Bildungspaket
Die Hartz-IV-Reform, die die Erhöhung der Erwachsenen-Regelsätze um fünf Euro im Monat auf 364 Euro und ein Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV- und Geringverdienerfamilien vorsieht, war vom Bundestag am 3. Dezember gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet worden. Das Bildungspaket soll Sachleistungen im Wert von zehn Euro im Monat für Vereinsbeiträge enthalten, Zuschüsse zum Schul- und Kindergartenmittagessen sowie zu Nachhilfestunden und Schulwandertagen.
Derzeit ist unklar, ob Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Bildungspaket durchsetzen kann. Die SPD-geführten Länder wollen mit den rund 700 Millionen Euro für das Bildungspaket mehr Ganztagsschulen und Schulsozialarbeit finanzieren. Die SPD will im Vermittlungsausschuss außerdem Fortschritte beim Mindestlohn erreichen. Grüne und die Linksfraktion fordern einen höheren Regelsatz und kritisieren ebenfalls das Bildungspaket.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte vor einem "Kuhhandel" im Vermittlungsverfahren. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, plädierte im ZDF dafür, das Bildungspaket für Kinder teilweise einzuführen und die Vereinsbeiträge sowie Zuschüsse zu Wandertagen bereits ab 1. Januar 2011 zu gewähren. Die neuen Regelsätze für Erwachsene kritisierte er erneut als "kleingerechnet". Nach Berechnungen seine Verbandes müsse der Regelsatz auf über 400 Euro steigen.
Senkung der Gesamtausgaben
Laut Merkel sollen die Gesamtausgaben für die Hartz-IV-Leistungen gesenkt werden. 40 Milliarden Euro vom Bund und zehn Milliarden Euro von den Kommunen seien sehr viel Geld für Langzeitarbeitslose, sagte sie der "Bild"-Zeitung. "Wir müssen es schaffen, mehr und mehr von ihnen wieder in Arbeit zu bringen, damit ein Teil dieses Geldes für Investitionen frei wird."