Im Zusammenhang mit dem Selbstmordanschlag von Stockholm hat die britische Polizei in der Nacht zum Montag nördlich von London ein Haus durchsucht. Wie Scotland Yard mitteilte, fand der Einsatz kurz vor Mitternacht mitteleuropäischer Zeit in der Grafschaft Bedfordshire statt. Es habe keine Festnahmen gegeben. Auch habe man kein gefährliches Material sichergestellt, berichtete die Nachrichtenagentur PA.
Zuvor hatten britische Medien gemeldet, dass es sich bei dem Attentäter um einen irakischstämmigen Schweden handelt, der im englischen Luton gelebt und an der Universität von Bedfordshire studiert haben soll. Bei dem Anschlag am Samstag in Stockholm waren mitten im Weihnachtsgeschäft wie durch ein Wunder nur zwei Passanten verletzt worden.
Schwedische Polizei geht von Einzeltäter aus
Die britischen Behörden äußerten sich zunächst nicht zu den Medienberichten. Man stehe in engem Kontakt mit den schwedischen Stellen. "Es wäre unangebracht, sich zu diesem Zeitpunkt zu ihren laufenden Ermittlungen zu äußern", sagte ein Ministeriumssprecher in London. Schwedische Medien hatten berichtet, dass der 28 oder 29 Jahre alte Selbstmordattentäter in einer Wohnung in der mittelschwedischen Ortschaft Tranås im Bezirk Småland gelebt hat.
Die schwedische Polizei geht derzeit von einem Einzeltäter aus. Dass der Mann allein gehandelt habe, sei die wahrscheinlichste Erklärung, sagte Carolina Ekéus vom Sicherheitsdienst Säpo. "Das kann sich aber noch ändern", schränkte sie ein. Ein Bombenexperte des Heeres nannte das Vorgehen des Selbstmordattentäters "technisch gesehen amateurhaft". Dass nur eine von sechs an seinem Körper befestigen Rohrbomben explodiert sei, deute auf fehlerhafte Verbindungen zwischen Bomben und Auslöser hin, sagte er der Zeitung "Aftonbladet".
Der Attentäter hatte sich am Samstagnachmittag im Stadtzentrum von Stockholm in die Luft gesprengt. Der Mann war sofort tot. Einen Rucksack hatte er mit Reißnägeln und weiterem Sprengstoff gefüllt. Kurz zuvor war nicht weit entfernt ein Auto explodiert. In seinem Abschiedstext erklärte der Mann, dass er sich bei einem Aufenthalt im Nahen Osten für den Dschihad ("Heiligen Krieg") habe ausbilden lassen.
"Sehr ernster Terrorakt"
Nach den jüngsten Terrorwarnungen löste dieser erste islamistische Anschlag in Schweden europaweit Besorgnis aus. Westliche Geheimdienste weisen seit Wochen darauf hin, dass bis Weihnachten islamistische Terrorakte in Europa zu befürchten seien. Die Bundesregierung hatte zuletzt vor einem Anschlag in Deutschland bis Ende November gewarnt. Als mögliches Ziel wurden auch Weihnachtsmärkte genannt.
Nach dem Attentat in Schweden sieht das Bundesinnenministerium indes keinen Grund, die Sicherheitsvorkehrungen weiter zu verstärken. Die schwedische Polizei sprach von einem "sehr ernsten Terrorakt". In einer Drohmail hatte ein Mann vorher den Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan und "das Schweigen des schwedischen Volkes" zur Mohammed-Karikatur des heimischen Künstlers Lars Vilks verurteilt. Die Drohung per E-Mail spricht nach Ansicht von Experten gegen eine Verbindung zur Terrororganisation Al-Kaida, die sich meist nachträglich zu Anschlägen bekennt.
In ersten Kommentaren aus Stockholm wurde vermutet, dass sich der Attentäter wahrscheinlich erst auf der von Menschen wimmelnden Einkaufsstraße Drottninggatan in die Luft sprengen wollte. "Wenn das gelungen wäre, hätte es ein furchtbares Massaker gegeben", zitierte die Zeitung "Aftonbladet" einen Behördensprecher.
Gab es vorher eine Warnung?
Nach Informationen der Stockholmer Nachrichtenagentur TT soll ein Beschäftigter der schwedischen Streitkräfte wenige Stunden vor dem Selbstmordanschlag einen Bekannten vor "Ereignissen auf der Drottninggatan" gewarnt haben. Militärsprecher wiesen die Angaben jedoch zurück. "Wenn wir etwas gewusst hätten, wäre sofort die Polizei informiert worden", sagte der zuständige Stabssprecher Erik Lagersten am Sonntagabend.
Am Tag nach dem Anschlag war die Drottinggatan genauso gefüllt mit Weihnachtseinkäufern wie zuvor. Schwedens Justziministerin Beatrice Ask meinte, es gebe keinen Anlass für Befürchtungen, dass ähnliche neue Attacken unmittelbar bevorstehen. Es sei aber klar, "dass die jüngsten Ereignisse viele Menschen beunruhigen".