Stimmung in Cancún: Karibisch locker, höflich bemüht

Stimmung in Cancún: Karibisch locker, höflich bemüht
In einem scheinen die Teilnehmer übereinzustimmen: Trotz schleppender Verhandlungen loben sie die freundliche Atmosphäre beim Klimagipfel.
09.12.2010
Von Matthias Knecht

Das Luxushotel "Moon Palace" im mexikanischen Badeort Cancún präsentiert sich in karibischer Lockerheit. In den weitläufigen Anlagen flanieren Afrikaner in traditionellen Gewändern, Turbanträger aus Asien, Ureinwohner in Indianertracht und Aktivisten aus Europa. Nur die Patrouillenboote der mexikanischen Armee am Horizont erinnern daran, dass hier hochrangige Politiker bei einem Klimagipfel tagen, um den Planeten zu retten.

In einem scheinen die Teilnehmer übereinzustimmen: Das Gesprächsklima bei den Klimagesprächen ist gut. Allenthalben wird der "konstruktive" Geist des Treffens gelobt. So sieht Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) eine "andere Atmosphäre als noch beim letzten Gipfel in Kopenhagen". Doch eine Erfolgsgarantie für Cancún ist das nicht.

Schleppende Verhandlungen hinter verschlossenen Türen

Erst am Mittwoch kommt Bewegung in die zweiwöchige Marathon-Konferenz in Mexiko, an der mehr als 190 Staaten teilnehmen: Eine Gruppe von 50 Staaten, darunter Deutschland, soll nun endlich Kompromisse zutage fördern. Bei den Sitzungen hinter verschlossenen Türen kamen die Verhandlungen bis dahin nur schleppend voran. Die Unterhändler brüteten über Textentwürfen, die vor allem Klammern und Fragezeichen enthielten.

EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard fragt sich besorgt, welche Ergebnisse der Gipfel denn bis zum Abschluss am Freitag noch bringen kann: "Hier mit leeren Händen herauszukommen ist keine politische Option." Die auch von Röttgen gepriesene "Politik der kleinen Schritte" dominiert die letzten Tage in Cancún.

Entwicklungs- und Umweltorganisationen wissen nicht, ob sie sich darüber freuen sollen. "Hier wird schon etwas erreicht", sagt Thomas Hirsch, Klima-Experte des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt". "Ob das fürs Klima reicht, ist offen." Der große Durchbruch auf dem Weg zu einem neuen Klimavertrag wird nicht erwartet.

Klimaschützer warnen vor Einigung auf niedrigstem Niveau

Um so mehr pochen die in Cancún vertretenen Klimaschützer und Entwicklungshelfer auf Hilfen für arme Staaten, die sich an die Erderwärmung anpassen müssen. Denn Inseln in der Südsee sind vom Untergang bedroht, auch in Ländern wie Bangladesch drohen verheerende Folgen durch Überschwemmungen. Bis ins Jahr 2050 könnten 50 Millionen Menschen wegen des Klimawandels auf der Flucht sein - oder vielleicht auch 500 Millionen, befürchten Experten.

Von einer Verhandlungsblockade will indes niemand sprechen. Die Regierungsvertreter tauschen Höflichkeiten aus. "Wir sind ermutigt von den Anstrengungen, Gemeinsamkeiten zu finden", sagt zum Beispiel die Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres. Und Konferenzpräsidentin Patricia Espinosa, Außenministerin des Gastgebers Mexiko, zeigt sich euphorisch, weil die chinesischen Unterhändler bereit seien, Forderungen nach einem Klimaschutzbeitrag "als wertvolle Anregung zu akzeptieren".

Klimaschützer warnen vor einer Einigung auf niedrigstem Niveau, die in der Praxis nichts bringt. So sorgt sich Martin Kaiser, Leiter Internationale Klimapolitik bei Greenpeace Deutschland: "Die Gefahr ist groß, dass so große Kompromisse gemacht werden, dass die Schlupflöcher größer werden." Sein Greenpeace-Kollege Wendel Trio zeigte sich darum am Mittwoch pessimistisch: "Die Staaten sind noch nicht einmal in der Nähe eines gemeinsamen Weges, um die gefährliche Erwärmung zu verhindern".

epd