Wahlbetrug in Afghanistan - fast jede vierte Stimme ungültig

Wahlbetrug in Afghanistan - fast jede vierte Stimme ungültig
Nach der Präsidentschaftswahl ist massenhafter Betrug nun auch bei der Parlamentswahl in Afghanistan amtlich. Mehr als eine Million Stimmen fliegen aus der Zählung raus. Ein offizielles Endergebnis gibt es auch mehr als einen Monat nach der Abstimmung noch nicht.

Wegen massenhaften Betrugs bei der Parlamentswahl in Afghanistan hat die Wahlkommission fast ein Viertel der abgegebenen Stimmen für ungültig erklärt. Einen Monat nach der Wahl sagte der Vorsitzende der Wahlkommission IEC, Fazel Ahmad Manawi, am Mittwoch bei der Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse in Kabul, 1,3 Millionen der insgesamt rund 5,6 Millionen Stimmen seien nicht gewertet worden. 4,26 Millionen Stimmen seien gültig.

Die IEC war bei der Abstimmung am 18. September von 10,5 Millionen Wahlberechtigten ausgegangen. Die Wahlbeteiligung läge damit nach Abzug der ungültigen Stimmen bei rund 40 Prozent. Unabhängige Wahlbeobachter hatten Betrug und Unregelmäßigkeiten angeprangert.

Bei der Wahl-Beschwerdekommission (ECC) waren mehr als 4600 Proteste eingegangen, die vor Bekanntgabe eines amtlichen Endergebnisses geprüft werden müssen. Die Flut an Eingaben verzögert den Prozess. IEC-Sprecher Noor Mohammad Noor sagte, mit einem amtlichen Endergebnis sei nicht vor Mitte November zu rechnen.

400 Frauen unter den 2500 Kandidaten

Die IEC verkündete am Mittwoch die 249 vorläufigen Gewinner der Parlamentswahl. Manawi betonte: "Dies ist eine vorläufige Liste, die sich ändern kann, wenn die endgültige und bestätigte Liste verkündet wird." Nach den vorläufigen Ergebnissen wurden 69 Frauen ins Unterhaus (Wolesi Dschirga) gewählt. Frauen haben damit einen Sitz mehr, als ihnen die Verfassung garantiert. Den vorläufigen Resultaten zufolge ziehen erneut zahlreiche frühere Kriegsherren ins Parlament.

Bei der Abstimmung bewarben sich mehr als 2500 Kandidaten - darunter über 400 Frauen - um die 249 Sitze im Unterhaus. Die Wähler vergaben ihre Stimme nicht an Parteien, sondern an einzelne Abgeordnete, die einem politischen Lager nicht immer eindeutig zuzuordnen sind. Daher war zunächst auch unklar, ob das Lager des afghanischen Präsident Hamid Karsai künftig eine Mehrheit in der Volksvertretung haben wird. Die Wolesi Dschirga in ihrer alten Zusammensetzung hatte Karsai etwa durch die Ablehnung von Kabinettsmitgliedern immer wieder in Bedrängnis gebracht.

Resultate verschoben

Die IEC hatte bereits am Sonntag vorläufige Resultate mitteilen wollen, die Verkündung dann aber verschoben. Ursprünglich hatte die Wahlkommission geplant, am 9. Oktober vorläufige und am 30. Oktober endgültige Ergebnisse vorzulegen. Der Wahltag war nach Militärangaben von mehr als 400 gewaltsamen Zwischenfällen überschattet worden. Dutzende Menschen starben, mehr als 100 wurden verletzt. Die Taliban hatten angekündigt, die Wahl gewaltsam zu stören.

Der Präsident wird in Afghanistan nicht vom Parlament, sondern direkt vom Volk gewählt. Die Präsidentschaftswahl 2009 war ebenfalls von massivem Betrug überschattet worden, den Wahlbeobachter vor allem dem Lager Karsais angelastet hatten. Zwischen Karsai und der internationalen Gemeinschaft war es daraufhin zu schweren Spannungen gekommen. Karsais Herausforderer Abdullah Abdullah hatte sich aus der Stichwahl zurückgezogen.

dpa