Der rheinische Präses Nikolaus Schneider, amtierender Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und der lippische Landessuperintendent Martin Dutzmann würdigten in einer Diskussion die Kraft, die von den zahllosen kirchlichen Initiativen und ihren Partnerorganisationen in aller Welt ausgehe.
"Die Dekade zur Überwindung von Gewalt kann man nicht einfach lochen und abheften, sondern die Dekade bleibt dran", sagte Schneider. Gemeinsam mit Dutzmann warb er dafür, in die Städte und Regionen zu schauen, welche Projekte dort auf den Weg gebracht worden seien. Auch die Landeskirchen hätten kleine, aber wichtige Schritte begonnen. Vertreter unter anderem aus Sri Lanka, El Salvador, Uganda und Indien berichteten von Projekten etwa gegen Aids, Massenvergewaltigungen oder Gewalt durch Straßengangs.
Kritische Bilanz der Dekade
Der Ökumenische Rat der Kirchen hatte im Jahr 1998 in Harare die "Dekade zur Überwindung von Gewalt" für die Jahre 2001 bis 2010 ausgerufen. Ziel war, die Suche nach Frieden und Versöhnung neu ins Zentrum kirchlicher Arbeit zu stellen. Im Mai kommenden Jahres soll bei einer internationalen Friedensversammlung in Jamaika der zweite Entwurf der "Ökumenischen Erklärung zum gerechten Frieden" veröffentlicht werden.
Am Samstag hatte der frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Konrad Raiser, eine kritische Bilanz der Dekade gezogen. Auf einer von den evangelischen Landeskirchen in Rheinland, Westfalen und Lippe gemeinsam ausgerichteten Tagung in Schwerte beklagte Raiser, dass das Thema in vielen europäischen Kirchen nicht angekommen sei: "Bis auf einige symbolische Aktionen gibt es nichts, auf das wir ein bisschen stolz sein könnten."
Diskussion kaum über Deutschland hinausgekommen
Raiser kritisierte, dass die Diskussion darüber, wie "Geist, Logik und Praxis der Gewalt" zu überwinden seien, kaum über den deutschsprachigen Raum der Kirchen hinausgekommen sei. Lediglich in den Niederlanden und in Skandinavien habe eine intensive Beschäftigung mit dem Thema stattgefunden. Inhaltliche Beiträge aus Großbritannien und Südeuropa habe er dagegen weitgehend vermisst.
Die palästinensische Theologin Viola Raheb rief in ihrer Predigt im Essener Festgottesdienst am Sonntag die Kirchen und Christen auf, aktiv gegen Armut und militärische Gewalt einzutreten. "Wer Gott die Ehre ausspricht, kann nicht an dem Leiden der Menschen vorbeigehen", sagte die in Bethlehem und Wien lebende Theologin und Pädagogin laut Redetext. Wer auf Gott vertraue, könne sich nicht damit trösten, "lediglich für den Frieden zu beten, sondern hat vielmehr die Kraft dazu, sich dafür einzusetzen, dass dieser Frieden ein Stück gelebter Realität wird".