Bischöfin: Mit der Monarchie das Beste suchen

Bischöfin: Mit der Monarchie das Beste suchen
Seit drei Jahren ist die gebürtige Deutsche Antje Jackelén Bischöfin von Lund. Während der Trauung von Kronprinzessin Victoria im Stockholmer Dom wird sie einen Teil der Liturgie verlesen.
19.06.2010
Die Fragen stellte Karola Kallweit

Frau Dr. Jackelén, worin besteht eigentlich der Unterschied zu einer normalen Trauung?

Dr. Antje Jackelén: Einerseits besteht da überhaupt kein Unterschied, denn die Liturgie oder die Gottesdienstordnung ist genau die eines Traugottesdienstes, so wie wir ihn immer machen in der schwedischen Kirche.

Und andererseits?

Dr. Antje Jackelén: Der Unterschied ist dann schon, dass der Rahmen dann doch ein bisschen größer ist. Es wird mehr Musik da sein, als es normal Fall ist und der Normalfall ist dann auch eher, dass es ein Pfarrer oder allerhöchstens zwei Pfarrer sind, die Dienst tun. Und nicht wie in diesem Falle vier.

Was genau wird ihre Aufgabe sein?

Dr. Antje Jackelén: Einen Teil der Liturgie zu verlesen und die Liturgie besteht ja aus Einleitungsworten, Bibel-Lesung, Fürbittengebet, Segen und so weiter.

Wie kam es denn zu Ihrem Engagement durch den Hof?

Dr. Antje Jackelén: Vor einem Jahr hat der Hof angefragt, ob ich bereit dazu wäre, mit dabei zu sein.

Können Sie sich erklären warum?

Dr. Antje Jackelén: Ich weiß nicht genau, wie man am Hof überlegt hat. Aber die offizielle Version ist immer die, dass man halt gesagt hat, es dürften nicht vier Männer sein, sondern man müsste zumindest auch eine Bischöfin dabeihaben. Denn sonst wäre das einfach nur ein schiefes Bild von der schwedischen Kirche und damit auch von der schwedischen Gesellschaft, in der die Gleichberechtigung von Mann und Frau eine große Rolle spielt.

Haben Sie denn das Königspaar auch vor der Hochzeit bereits seelsorgerisch begleitet?

Dr. Antje Jackelén: Nein, für die seelsorgerische Begleitung, nehme ich an, gibt es einerseits einen Oberhofprediger, der sozusagen der Pfarrer der Königsfamilie ist. Das ist ein Bischof Emeritus. Und dann hat natürlich auch der Erzbischof Kontakt gehabt mit dem Brautpaar, weil der Erzbischof dann auch der ist, der die Traufrage stellt, das Eheversprechen entgegen nimmt und auch die Trauansprache hält.

Wie ist denn das Verhältnis von Kirche und Staat in Schweden?

Dr. Antje Jackelén: Die schwedische Kirche war eine Staatskirche bis zum Jahre 2000 und ist das jetzt eben nicht mehr. Sie ist eine freie Kirche.

Was hat es eigentlich mit der Regel auf sich, dass sich jeder schwedische König zur Augsburger Konfession, einer lutherischen Bekenntnisschrift, bekennen muss, und andernfalls seinen Titel verliert? Funktioniert das im Zusammenspiel mit der protestantischen Vorstellung von der Freiheit des Christenmenschen?

Dr. Antje Jackelén: Also die Formulierung ist natürlich traditionell. Es heißt im Prinzip, dass das Staatsoberhaupt der schwedischen Kirche angehören muss. Und wenn ich mich recht erinnere, so ist das damals diskutiert worden, ob man das noch beibehalten sollte und ich glaube, es ist auf Wunsch des Königshauses auch so geblieben. Es ist nichts, was die Kirche fordert, sondern es ist auf Wunsch des Königshauses.

Könnte man sagen, dass sich Kirche bei dieser Hochzeit instrumentalisieren lässt? Sind Sie nur noch Zeremonienmeisterin?

Dr. Antje Jackelén: Zeremonienmeisterin würde ich nicht sagen. Liturgin ist wohl der bessere Ausdruck.

Die Hochzeit ist auch ein politisches Ereignis, wenn man sich mal die Gästeliste genauer betrachtet. Nochmals die Frage, lässt sich Kirche da nicht vor den Karren monarchischer Politik spannen?

Dr. Antje Jackelén: Das Brautpaar ist Mitglied der Kirche, natürlich haben die beiden das Recht, kirchlich getraut zu werden. Da gäbe es ja keinen Anlass, dass nicht zu tun. Und ich meine, dass leitende Politiker und andere Staatsoberhäupter zugegen sind, das ist ja nicht gerade ein Nachteil. Nein, ich denke schon, dass die schwedische Kirche ihn ihrer jetzigen Position durchaus den christlichen Auftrag leben kann, Kirche zu sein, auch in kritischer Solidarität mit dem Staat.

Was bedeutet kritische Solidarität?

Dr. Antje Jackelén: Dass es auch unser Auftrag ist, von der Position des Evangeliums her, auch dem gemeinsamen Besten zu dienen. Aber eben nicht als Diener des Staates, sondern in kritischer Solidarität.

Auf der Internetseite der schwedischen Monarchie-Gegner ist eine Fotomontage veröffentlicht worden, die Kronprinzessin Victoria neben einer Burkaträgerin zeigt mit dem Untertitel "Eine dieser beiden Frauen muss laut schwedischer Verfassung ihren Vater um Erlaubnis bitten, um den Mann zu heiraten, den sie will." Außerdem kritisiert die Opposition, dass die Kronprinzessin kein Recht auf freie Meinungsäußerung habe. Laut einer aktuellen Umfrage sind 28 Prozent der Schweden gegen die Monarchie. Welche Rolle nimmt die Kirche in dieser Debatte ein?

Dr. Antje Jackelén: So ein Ereignis wie diese Hochzeit bringt natürlich auch die Diskussion wieder auf Hochtouren. Es ist klar, dass das eine Folge der Hochzeit ist, dass eben die Republikaner auch Wind in den Segeln haben. Ich meine, in einer Demokratie muss man auch die Monarchie kritisch diskutieren. Andererseits ist klar, wir würden heutzutage keine Monarchie mehr einführen in Schweden. Aber ich denke schon, dass man auch die historische Perspektive sehen muss. Dennoch ist ganz klar, dass sich das Königshaus in Schweden doch großer Beliebtheit erfreut. Und auch eine Bedeutung hat für Schweden in der Welt. Und es ist auch, wenn man das mal so krass sagt, ein Wirtschaftsfaktor.

Gibt es innerhalb der Kirche eine offizielle Position, wie man zur Monarchie steht?

Dr. Antje Jackelén: Nein, die Kirche hat keine offizielle Position, wie sie zur Monarchie steht. Es ist genau die gleiche Position, die man auch dem Staat gegenüber hat, eben dass man auch in kritischer Solidarität das gemeinsame Beste sucht.