Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagsausgabe), die Bundeswehr sei "das Instrument, Gesellschaft und Bundeswehr miteinander zu verbinden". Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) betonte, eine Aussetzung der Wehrpflicht solle nicht mit Sparzwängen rechtfertigt werden. Eine solche Entscheidung "wäre nur verteidigungspolitisch begründbar", sagte sie der "Passauer Neue Presse".
Gleichzeitig kündigte sie an, die Auswirkungen einer Abschaffung auf den Zivildienst zu prüfen. Bis September, für wenn die Ergebnisse der Strukturkommission der Bundeswehr erwartet werden, wolle sie sich ein Bild davon machen, was eine solche Aussetzung für den Zivildienst bedeuten würde. "Ganz klar: Für Behinderte und Ältere wäre das Ende des Zivildienstes ein erheblicher Verlust an Lebensqualität", sagte Schröder der Zeitung: "Ohne Zivildienst wäre unsere Gesellschaft weniger menschlich."
"Einsatzarmee hat kaum Kapazitäten, Rekruten auszubilden"
SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold sagte dem "Tagesspiegel", er fühle sich so wie wohl auch viele Soldaten allmählich veräppelt. Den einen Tag peitsche der Minister das Gesetz zur Verkürzung des Wehrdienstes durch, um bald darauf etwas anderes zu wollen, sagte Arnold und nannte Guttenbergs vorgehen unseriös.
Guttenberg betonte erneut, die Debatte über eine Strukturreform der Bundeswehr werde ergebnisoffen geführt. Er sagte aber auch: "Bei einer hochprofessionellen, bestens ausgerüsteten und flexiblen Einsatzarmee haben sie kaum noch die Kapazitäten, Rekruten auszubilden." Die Wehrpflicht habe sich immerhin über 50 Jahre lang bestens bewährt. "Aber jetzt müssen wir realistische Antworten finden."
Derweil berichtete die "Frankfurter Rundschau", das Verteidigungsministerium plane längst mit einer Abschaffung der Wehrpflicht und einer massiv verringerten Truppenstärke. Demnach sollen schon vom kommenden Jahr an keine neuen Rekruten eingezogen werden. Zudem sei der Plan, 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten bis 2014 zu entlassen. Insgesamt gehören der Bundeswehr 251.000 Soldaten an.
Guttenberg spielt mit Rücktrittsgedanken
Inmitten der Debatte um die Wehrpflicht und Reibereien innerhalb der schwarz-gelben Koalition spielt Verteidigungsminister Guttenberg nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" mit dem Gedanken an Rücktritt. Wegen eines Konflikts mit dem Kanzleramt habe er gegenüber Freunden und Vertrauten gesagt, dass er ernsthaft an einen Rücktritt denke, schreibt die Zeitung. Ein Ministeriumssprecher sagte dazu: "Das entbehrt jeder Grundlage."
Guttenberg fühlt sich bei der Erstellung eines Gutachtens zum Kundus-Untersuchungsausschuss übergangen, während das Kanzleramt sagt, der Minister sei informiert gewesen. Guttenberg sagte der "FAS": "Solche Vorgänge lassen sich kaum kommentieren."
Dem Bericht zufolge soll der Minister bereits während der Sparklausur der Regierung mit Rücktritt gedroht haben. Neben dem Konflikt über das Gutachten steht als Grund der Streit über die von ihm angestoßene Aussetzung der Wehrpflicht im Rahmen der Bundeswehrreform im Raum. Guttenberg habe gesagt, dass ihm eine Fortführung seines Amtes nicht möglich sei, wenn er die geforderten Einsparungen ohne die von ihm geplante Strukturreform zu erbringen hätte. Das hieße dann wohl auch die Abschaffung der Wehrpflicht.