Öl unter Wasser gestoppt - Hoffnung im Golf von Mexiko

Öl unter Wasser gestoppt - Hoffnung im Golf von Mexiko
Operation "Top Kill" war offenbar erfolgreich: Der Schlammbeschuss der Ölquelle vor dem Golf von Mexiko läuft nach Plan. US-Präsident Barack Obama wollte noch am Donnerstag aus der Katastrophe Konsequenzen für Ölfirmen ziehen.
27.05.2010
Von Frank Brandmaier

Das sprudelnde Öl im Golf von Mexiko ist nach Angaben der US-Küstenwache durch massiven Beschuss mit riesigen Schlamm-Mengen vorübergehend gestoppt worden. Der Einsatzleiter der Regierung, Admiral Thad Allen, habe die beispiellose Aktion aber "noch nicht zu einem Erfolg erklärt", relativierte eine Sprecherin der Küstenwache am Donnerstag einen Bericht der "Los Angeles Times".

Der Austritt von Öl und Gas aus dem Bohrloch sei lediglich zeitweise durch den Gegendruck des Schlamms, der in die Quelle gepumpt wurde, unterbrochen worden, erläuterte sie. "Admiral Allen hält fest, dass der Prozess weiterläuft, aber dass die Dinge nach Plan verlaufen", sagte Sprecherin Lisa Novak. Das Live-Video, das BP von der Ölquelle anbietet, zeigt kein austretendes Öl mehr.

Die Zeitung hatte unter Berufung auf Allen gemeldet, die "Top-Kill" genannte Operation habe genug Schlamm in das Bohrloch gepumpt, um den Austritt des Öls zu stoppen. Die BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" war am 22. April gesunken und hatte das Leck im Meer hinterlassen. Auch BP bestätigte zunächst nicht, dass die am Mittwochabend (MESZ) begonnene Aktion erfolgreich war. Eine BP-Sprecherin in London sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Aktion laufe weiter.

Obama: Keine neuen Offshore-Bohrungen

Als Konsequenz aus der Ölkatastrophe wollte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag schärfere Regeln für Ölbohrungen im Meer ankündigen. Außerdem werde er das Moratorium über neue Bohrungen in tiefen Küstengewässern, das nach dem Unglück verhängt wurde, um sechs Monate verlängern, berichtete die "Washington Post".

Pläne für Probebohrungen und Verpachtungen vor Alaska sollen gekippt werden, meldete die Zeitung unter Berufung auf einen Mitarbeiter des Weißen Hauses. Mit neuen Standards wolle Obama außerdem «die Aufsicht über die Industrie stärken und die Sicherheit erhöhen». Dies seien aber nur erste Schritte eines Prozesses, den eine spezielle Kommission des Präsidenten künftig weiterführen solle.

Nach den Worten von Konteradmiral Mary Landry von der US-Küstenwache sind mittlerweile 160 Kilometer Küste verdreckt - es seien Strände wie auch Marschland. In einigen Fällen handele es sich um schweres Öl, in anderen lediglich um einen Film.

Viel mehr Öl ausgetreten als offiziell bekannt

Die Experten der US-Regierung haben die Schätzungen über die Menge des sprudelnden Öls im Golf von Mexiko mittlerweile dramatisch nach oben korrigiert. Wissenschaftler gingen mittlerweile von einer täglichen Menge zwischen etwa 1.600 und 3.400 Tonnen Rohöl aus (zwischen 11.700 und 25.000 Barrel), sagte die Direktorin der US-Geologiebehörde USGS, Marcia McNutt, am Donnerstag. Bislang war offiziell von rund 700 Tonnen (5.000 Barrel) ausgegangen worden. Zahlreiche Fachleute hatten diese Angabe jedoch schon angezweifelt.

McNutt betonte, auch die jüngsten Schätzungen seien nur vorläufig. Man betrachte "eine höchst dynamische, komplexe Lage". Seit dem Beginn es Öl-Dramas am 20. April seien insgesamt mehr als 36.700 Tonnen (270.000 Barrel) Öl ins Meer gelangt. Damit hätte die Ölpest im Golf von Mexiko - gemessen an der Menge - die von 1989 übertroffen. Damals war der Tanker Exxon Valdez vor der Küste Alaskas verunglückt und es waren schätzungsweise rund 35.000 Tonnen Öl ausgetreten.

Erfolg steht erst in der Nacht zu Freitag fest

Der Konzern BP hatte am Mittwoch um 20 Uhr unserer Zeit begonnen, große Schlammmassen in das Bohrloch zu pumpen. Ob die Aktion erfolgreich war, sollte nach etwa 24 Stunden feststehen. Das Ölunternehmen hatte die Erfolgsaussicht bei 60 bis 70 Prozent gesehen.

Kurzfristig könnte BP auch einen 1,50 Meter hohen Zylinder aus Stahl über das Leck stülpen, der das Öl auffangen soll, sagte Vizepräsident Kent Wells. Über ein Rohr an der Vorrichtung könnte die Brühe nach oben in ein Schiff gepumpt werden. Vor drei Wochen aber war das Ölunternehmen mit einem ähnlichen Versuch gescheitert, weil Kristalle die Leitung verstopften. Allerdings kam damals eine wesentlich größere, 13 Meter hohe Kuppel zum Einsatz.

Der Einsatz gegen die Ölpest kostete BP nach offiziellen Angaben bislang 750 Millionen Dollar (615 Millionen Euro). Die US-Regierung habe bisher 100 Millionen Dollar (82 Millionen Euro) ausgeben müssen, die sie allerdings von dem Ölkonzern zurückerhalte.

dpa