Radiointerviews mit betont lockeren Moderatoren seien das Schlimmste, hat mal ein Kollege aus eigener Erfahrung berichtet. Es ging um Interviews zu einem Buch von ihm, das gerade erschienen war, einer der Hörfunkleute hatte ihn beispielsweise ungefragt geduzt, mit falschem Vornamen angeredet und, sowieso Ehrensache, das Buch, um das es in dem Gespräch ging, nicht gelesen. Michel Friedman wird derzeit nicht wegen eines aktuellen Buchs interviewt, und der Moderator von hr3, der gestern mit ihm gesprochen hat, hat ihn auch korrekt angeredet, und dennoch musste ich an die Generalkritik des Kollegen denken. Friedman war am Telefon, weil - siehe Altpapier von Mittwoch - der Pressereferent des türkischen Ministers Akif Kilic das türkische Technik-Team der Deutschen Welle zwang, den Chip mit einem Interview auszuhändigen, das der Journalist aus Deutschland mit dem Würdenträger aus Erdoganistan geführt hat.
Nachdem Friedman den Vorfall geschildert hat, fragt der öffentlich-rechtliche Premiumdenker - Marcel Wagner heißt er - doch tatsächlich:
„Das heißt, Sie trifft keine Schuld?“
Man muss Friedman schon beinahe dafür bewundern, dass er an dieser Stelle souverän reagiert hat.
Der Deutschlandfunk hat ebenfalls mit Friedman gesprochen. Der sagt:
„Während des Interviews merkte man, dass der Minister not amused ist, andere Fragen gerne bekommen hätte, die Fragen, die gestellt wurden, weniger gerne beantworten hat wollen. Das steigerte sich dann während des Gesprächs. Allerdings blieb das Ganze im Rahmen eines normalen Konfliktinterviews.“
Wenn es möglich sei, dass ein Minister oder seine Mitarbeiter „bei einem internationalen Team“ Druck ausüben könnten, und dann „einfach das Material ‚beschlagnahmen’ und mitnehmen (…), dann haben wir ein Problem!“
Die Deutsche Welle prüfe „rechtliche Schritte“, berichtet Spiegel Online derweil. Und Christian Mihr, der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, sagt: „Wie die türkische Regierung sich verhalten hat, ist eines Staates, der sich selbst als Demokratie bezeichnet, in höchstem Maße unwürdig.“ Zitiert ist dies im Tagesspiegel und in einer epd-Meldung der FR, wobei in beiden Fällen auffällt, dass, obwohl die Artikel schon ein paar Stündchen im Netz stehen, jeweils einmal Friedmans Name falsch geschrieben ist (beim Tagesspiegel im Vorspann, bei der FR in der Headline).
Instruktiv ist der einordnende Kommentar von Brigitte Baetz (Deutschlandfunk):
„Die Bundesregierung hat richtig gehandelt, als sie sich heute hinter den deutschen Auslandssender stellte. Die Pressefreiheit sei ein hohes, nicht zu verhandelndes Gut, ließ sie durch Sprecher Seibert wissen. Ein schöner und wahrer Satz, der trotzdem einen schalen Beigeschmack besitzt. Er insinuiert, dass sich die Bundesregierung stets und überall für die Pressefreiheit einsetzt. Das ist falsch und wäre politisch auch nicht immer angebracht. Die deutsche Regierung kann gar nicht permanent die Flagge der Menschenrechte vor sich hertragen, weil sie sich dann international wichtiger Handlungsspielräume berauben würde. Ob man nicht trotzdem mehr auf die Pressefreiheit in der Türkei selbst pochen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Der Satz vom hohen, nicht zu verhandelnden Gut Pressefreiheit unterstellt aber auch, dass es in unserer gerne als ‚westlich‘ bezeichneten Wertegemeinschaft keine Probleme für kritischen Journalismus gebe.“
Eine Stelle hätte ich vielleicht etwas anders formuliert: Die deutsche Regierung kann gar nicht permanent die Flagge der Menschenrechte vor sich hertragen, weil sie dann die deutschen Konzerne international wichtiger Handelsspielräume berauben würde.
Und Michael Hanfeld stellt auf der FAZ-Medienseite noch die Frage in den Raum, ob die türkische Administration das Seibertsche „Die Pressefreiheit ist für uns ein hohes, nicht zu verhandelndes Gut“ „auch nur im Geringsten interessiert“.
Der Quasi-Diebstahl des DW-Materials ist auch der Aufhänger für ein Interview, das NDR Kultur mit Regula Venske, der Generalsekretärin des deutschen PEN, geführt hat. Sie war gerade für die Organisation Article 19, die sich weltweit für freie Meinungsäußerung einsetzt, mit einer „Gesandtschaft zur Untersuchung der Gegebenheiten" in der Türkei. Venske sagt:
„Ich habe ganz großen Respekt vor der aufrechten Haltung, dem Mut und dem Humor vieler der Menschen, die wir in Zeitungs- und Fernsehredaktionen getroffen haben, die sich immer noch um Berichterstattung bemühen. Das wird ihnen aber wahnsinnig schwer gemacht. Zum Beispiel ein Fernsehsender, der nicht mehr senden darf und dann guckt, wie er im Internet seine Nachrichten verbreiten kann. Viele der Journalisten verbringen mehr Zeit damit, nach Kommunikationswegen mit ihrem Publikum zu suchen als für die eigentliche Recherche. Manche der Gesprächspartner können nicht mehr sagen, wie viele Anklagen gegen sie schon erhoben wurden. Das sind ganz schwierige Arbeitsbedingungen, das kann man nicht mit dem hiesigen Journalismus vergleichen.“
[+++] Während unser Blick aus derzeit sehr naheliegenden Gründen oft auf die Lage der Medien der Türkei gerichtet ist, machen wir uns von beispielsweise Presse und Fernsehen in den sehr nahen Niederlanden selten ein Bild. Dietrich Leder schafft in seinem Journal für die Medienkorrespondenz Abhilfe. Er stellt „Zomergasten“ vor,
„jene Gesprächssendung des niederländischen Rundfunkveranstalters VPRO, die seit vielen Jahren in den Sommerferien ausgestrahlt wird und in der drei Stunden (!) ein Gast nach seinem Leben befragt wird. Grundlage der Fragen des Interviewers sind Ausschnitte von Filmen, Fernsehsendungen und Live-Ereignissen, die ausgewählt wurden, weil der Gast sie für wesentlich hält“.
Gelegentlich sind dort auch Politiker zum Gast, und am vergangenen Sonntag gab es eine Premiere, denn der Auftritt des Ministerpräsidenten Mark Rutte war der erste eines amtierenden Regierungschefs in der Geschichte der Sendung.
„In Deutschland gibt es ein solches Forum im Fernsehen nicht. Und wenn es dieses in der Form von ‚Zomergasten‘ gäbe, kann man sich kaum vorstellen, dass sich etwa die Kanzlerin oder ihr Vizekanzler dem stellten“,
[+++] Aus anderen Gründen möglicherweise hilfreich: ein Blick in ein weiteres Nachbarland, nach Österreich. Es geht um Schleichwerbung in einer Boulevardzeitung, die so heißt wie das Land. Die gemeinnützige Rechercheplattform Dossier hat anhand von internen Mails Vorgänge dokumentiert, die zwar „juristisch bereits verjährt“ sind, aber doch belegen: „Getarnte Werbung ist ein lukratives Geschäft und ein wichtiges Verkaufsargument für Inserate.“ Unter anderem dokumentiert ist „eine ausführliche To-do-Liste“ (Dossier), die Herausgeber Wolfgang Fellner 2012 an seine Wirtschaftsredaktion schickte:
„SATURN hat folgende redaktionelle Schwerpunkte über die ich euch gern informieren möchte“,
schreibt er (Anm.: Großschreibung und Kommafehler im Original). Konkret enthält die mit „Euer Wolfgang“ unterzeichnete Mail Hinweise à la:
„16.-21. April Aktionswochen für Weißware. SATURN zahlt den Kunden einen ‚Öko-Bonus.‘ (…) Sollten wir rund um den 16. berichten.“
Hoffen wir einfach mal, dass deutsche Boulevardzeitungs-Herausgeber ihre Wirtschaftsredakteure nicht über die „redaktionellen Schwerpunkte“ von Elektrofachmärkten informieren.
[+++] Der Gedanke, wie sehr hilfreich es doch ist, dass es Mediatheken gibt, kommt einem beim Lesen von Mely Kiyaks aktueller Zeit-Online-Kolumne. Sie greift die Angela-Merkel-Fixiertheit in der Nachberichterstattung zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern auf - und kommt kommt dabei auf einen aus mehreren Gründen bemerkenswerten NDR-Film zu sprechen, in dem der Innenminister des Landes, also jener Mann, der bei der Wahl Spitzenkandidat war - Kiyak: „Nicht (Merkel ist) angetreten, sondern Lorenz Caffier" -, eine tragende Rolle spielt:
„(Er ist) (e)in Kerl, der durchgreifen kann und will. Wenn es sein muss, setzt er sich sein Käppchen auf, schlüpft in die Turnschuhe und ist um drei Uhr Morgens persönlich dabei, wenn Kinder aus den Betten gezerrt werden, um abgeschoben zu werden. In der NDR-Dokumentation ‚Protokoll einer Abschiebung‘ tut Caffier alles, um in dem Beitrag gesehen zu werden. Immer wieder schiebt er sein Käppchen vor die Linse und fängt im Morgengrauen überflüssige Diskussionen mit den geschockten Abschiebekandidaten an, die kaum Deutsch sprechen. Er demütigt die Leute vor der Kamera, beraubt sie ihrer Würde. Noch mehr AfD-Style, Besänftigungstherapie für besorgte Bürger und knallharte Abschiebung sind kaum möglich.“
Im Altpapier kam der „kamerageile Cargohosen-Minister“, vor dem man, wenn man den Film als Maßstab nimmt, mehr Angst haben muss als vor einem AfD-Politiker, anlässlich der Ausstrahlung des „Protokolls einer Abschiebung“ Anfang August bereits vor.
Noch etwas zu Meck-Pomm bzw. Neues aus der Serie „Kritik am Umgang mit der AfD“:
„Einerseits wollen Linke und Medien darüber aufklären, dass die AfD die Menschen manipuliert und ihnen perverse Propaganda auftischt, andererseits schwirren sie wie die Fliegen um rechte Kommunalpolitiker und nehmen gierig jedes blöde bisschen Story mit, und sobald es ein Wahlergebnis wie in Mecklenburg-Vorpommern gibt, rufen sie: Seht her, die mächtigen Rechten, so sehen sie aus, sie arbeiten als Rechtsanwälte und Elektromonteure, und aus dem Stand heraus haben sie... bla, bla. Wisst ihr, wie man das nennt? Huldigung.“
Das schreibt Margarete Stokowski (Spiegel Online), und da hat sie, wie so oft, Recht. Ob allerdings Die Welt Recht hat, wenn sie in einem anderen Zusammenhang Stokowksi als „die deutsche Antwort auf Lena Dunham“ bezeichnet, weiß ich nicht.
Altpapierkorb
+++ „Gefragt, wie es ihm in Westeuropa ergehe, wenn er Zeitungen lese oder TV schaue“, sagte der syrische Theaterautor Mohammad Al Attar laut Infosperber auf einer Publikumsdiskussion in Basel kürzlich, „er lese von einer verkehrten Welt. Er lese von einer Flüchtlingskrise. Es gebe keine Flüchtlingskrise. Bei ihnen, in Syrien, dort sei die Krise und der Krieg. Die Flüchtlinge seien die Folge davon."
+++ Das Hamburger Abendblatt stellt "Fremdes Land Amerika“ vor, das neue Buch des ARD-US-Korrespondenten bzw. „künftigen ‚Tagesthemen‘-Moderators“ Ingo Zamperoni. Die hiesige Ernüchterung über die Erfolge Donald Trumps rühre auch daher, „‚dass wir lange einen verklärten Blick auf die Amerikaner hatten‘, sagt Zamperoni. Mondlandung, Marilyn Monroe, ‚Star Wars‘, ‚Breaking Bad‘, Google, Facebook und ‚Game of Thrones‘ – die Deutschen meinen, die USA durch die Brillen der Popkultur gut zu kennen. ‚Aber wir unterschätzen, wie inhomogen das Land in sich ist. In Kalifornien sind die Waffengesetze sehr streng, in Texas darf man Waffen jetzt offen tragen. Für die Leute in Kalifornien könnten Texas oder Washington nicht ferner sein.‘“
+++ Die gestrige „Zapp“-Sondersendung unter dem Titel „War on Terror – 9/11 und die Folgen für den Journalismus“ ist hier abrufbar. Spiegel-Redakteur Holger Stark sagt dort unter anderem, es sei ein „ärmliches Zeugnis“, dass die Bundesanwaltschaft nichts unternommen habe nach einer Anzeige des Spiegels wegen des Verdachts auf Überwachung durch US-Geheimdienste.
+++ Geheimdienstliche Überwachung von Journalisten (II): 28 Jahre lang wurde die Hamburger Fotografin Marily Stroux vom Verfassungsschutz ausgespäht. „Bei den meisten Einträgen – etwa eine Demo vor dem peruanischen Generalkonsulat – handelt es sich um ‚taz-Termine‘, wie Stroux ’ eigene Notizen zeigen. Denn im Wechsel mit anderen Freien übernahm sie seinerzeit Schichten in der Fotoredaktion für die taz Hamburg. Ein Broterwerb wie andere auch“, schreibt die taz Nord in teilweise auch eigener Sache. „Manche Einträge auf der Verfassungsschutzliste geben Dinge verfälscht wieder oder machen keinen Sinn. Mal wird die Fotografin auf einer Demo gesichtet, wo sie gar nicht war, mal wird nur das Kennzeichen ihres Auto notiert.“ Siehe dazu dieses Altpapier von Ende Juni (erste Passage im Korb).
+++ 108 Abgeordnete „fast aller Fraktionen des Europaparlaments“ setzen sich in einem offenen Brief „für einen besseren Schutz von Whistleblowern auf EU-Ebene“ ein, berichtet tagesschau.de.
+++ Über seine ersten Eindrücke als Mitglied des ZDF-Fernsehrats schreibt Leonhard Dobusch für netzpolitik.org. Unter anderem geht es um die Tücken der neuen Geschäftsordnung: „So wurde in § 9 Abs. 3 das Wort ‚grundsätzlich‘ in jenen Satz eingefügt, der Sitzungen der Ausschüsse – im Unterschied zum Plenum – als ‚nicht öffentlich‘ festlegt. Rechtlich erlaubt die Einfügung dieses Wortes, Ausschusssitzungen im Ausnahmefall doch öffentlich abzuhalten. An der ‚Vertraulichkeit von Beratungsunterlagen sowie Vorlagen‘ ändert sich dadurch nichts. In der Praxis sind aber vor allem ‚Beratungsunterlagen und Vorlagen‘ (…) (Damit) ist (…) für Mitglieder des Fernsehrates (…) ein veritables Problem verbunden. Gerade kontroverse Themen von öffentlichem Interesse können so nur schwer öffentlich diskutiert werden. So gibt es beispielsweise eine Stellungnahme des Intendanten zur Nutzung von Creative Commons im ZDF. Als Mitglied des Fernsehrates kann ich diese zwar im Ausschuss thematisieren, die Position des ZDF bzw. der übrigen Ausschussmitglieder hier im Blog zur Diskussion stellen darf ich jedoch nicht.“
+++ „Eine kleine Gruppe“ wolle bei der Mitgliederversammlung am Samstag die VG Wort „zerschlagen“, fürchtet Michael Hanfeld heute auf der Feuilleton-Aufmacherseite der FAZ (siehe Altpapier von Dienstag).
+++ Auch bei einem weiteren FAZ-Feuilletonbeitrag von heute ist ein Verweis auf das gerade verlinkte Altpapier von Dienstag angebracht: Jürg Altwegg geht auf den Niedergang Elke Heidenreichs ein bzw. „die Verluderung der Literaturkritik“ (NZZ), für die ihr Name steht aufgrund des „populistischen Quatschs“ (Altwegg), den sie im Schweizer Fernsehen äußert.
+++ Eine Übersicht über die Gewinner des Theodor-Wolff-Preises findet sich in einem dpa/Zeit Online-Beitrag.
+++ Vorwärts im Kampf gegen die linke Diktatur in Deutschland! Das in dieser Hinsicht todesmutigste aller todesmutigen Kampforgane, Tichys Einblick, gibt’s demnächst auch gedruckt (Horizont).
+++ „Schön, dass Sie da sind! Sie repräsentieren 11 Milliarden Euro Umsatz, Sie haben 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Sie sind ein ganz wichtiger Faktor für die Zufriedenheit, für das Wohlergehen, für die Information von Millionen von Menschen in diesem Land“ - so lautet eine der zuckrigen Over-the-Top-Passagen in einer Rede, die Kanzleramtsminister Peter Altmaier am Dienstagabend beim Sommerfest des Verbandes Privater Rundfunk- und Telemedien (VPRT) hielt. Zu finden ist das Zitat in einer Pressemitteilung des Verbandes.
+++ Pack schlägt sich: Trotz weltanschaulicher Nähe findet es die Weltwoche nicht so schön, dass die Berliner AfD-Werbepostille Extrablatt Artikel bei ihr klaut (Tagesspiegel, watson.ch).
+++ „Die Berichterstattung zur griechischen Staatsschuldenkrise war unausgewogen und wenig tiefgründig“ - so fasst Viola Schenz auf der SZ-Medienseite das nicht sonderlich überraschende Ergebnis einer Studie zusammen, die die Otto-Brenner-Stiftung heute vorstellt.
+++ Des weiteren in der SZ: David Denk spießt die aus aktuellem Beförderungsanlass (siehe Altpapier) von der Bild-Zeitung angestimmte Ulf-Poschardt-Besingung auf. Um Attribute wie „Pop-Philosoph“ und „leidenschaftlicher Franke“ geht’s.
+++ Morgen im WDR Fernsehen: Der vierte Film der sechsteiligen Reihe „Unser Land – NRW wird 70“. Zu dem Projekt meint die Medienkorrespondenz: „Insgesamt betrachtet hat bei dieser Dokumentationsreihe das Ausmaß an unkritischer Distanzlosigkeit überrascht. Und das, obwohl man angesichts des Sendetitels ‚Unser Land‘ schon gar nicht erst allzu hohe Erwartungen hatte. So umfangreich wurde Nordrhein-Westfalen vom WDR noch nie gefeiert, wobei sich die Landesrundfunkanstalt offenbar völlig der politischen Agenda der amtierenden rot-grünen Landesregierung untergeordnet hat. Was macht der WDR eigentlich in fünf Jahren, wenn NRW 75 wird?“
+++ Dass Journalisten „praktischerweise bei jedem Umweltphänomen die globale Erwärmung am Werk sehen“, spießt der Wissenschaftsjournalist Axel Bojanowksi in seinem Blog auf. Aktuelles Beispiel: „Bewohner der Insel Sarichef vor Alaska hatten entschieden, ihre Häuser aufzugeben und aufs Festland zu ziehen. Das Meer erodiert die Insel, Gebäude sind in Gefahr. er beschlossene Umzug, so berichteten neben den Dorfbewohnern Tausende Medien weltweit, sei eine Folge des Klimawandels; die Inselbewohner seien die ersten Klimaflüchtlinge in den USA. Für einen kleinen Artikel recherchierte ich den Fall. Dabei zeigte sich abermals: Die regionalen Verhältnisse sind besondere, ein Zusammenhang der lokalen Umweltveränderung mit dem globalen Klimawandel liegt nicht nahe, andere Ursachen sind wahrscheinlicher.“ Die Quellen, die Letzteres belegen, hat Bojanowski aufgeführt.
+++ Mit Florian Harms, dem Chefredakteur von Spiegel Online (wo Bojanowski Redakteur ist), hat meedia.de gesprochen, unter anderem über das geplante Spiegel Daily, „ein tagesaktuelles Angebot zu einer bestimmten Tageszeit mit einem festen Redaktionsschluss“ (Harms). Und wer soll das lesen, fragt Marvin Schade sinngemäß. „Wenn Sie jede Geschichte im Heft und zudem viel Spiegel Online lesen, gehören Sie eher nicht zur Zielgruppe des Angebots. Wir wollen neue Leser gewinnen und verlorene Leser zurückgewinnen. Wir wollen durchaus auch Tageszeitungen angreifen. Spiegel daily soll Menschen ansprechen, die sich in kurzer Zeit tiefgründig informieren wollen, die nicht die Zeit haben, mehrfach am Tag Spiegel Online zu besuchen.“
+++ Seitdem Nikolaus Förster vor dreieinhalb Jahren das Wirtschaftsmagazin Impulse im Zuge eines Management-Buy-outs von Gruner + Jahr übernommen hat, habe die Zeitschrift „etwa die Hälfte der voll zahlenden Abonnenten verloren“, schreibt Henning Kornfeld (kress.de).
+++ Andere aufschlussreiche Zahlen zu einem anderen Wirtschaftsmagazin: 75 Prozent seines Werbeumsatzes macht Forbes mit digitaler Reklame - und davon wiederum 35 Prozent mit Native Advertising. Das berichtet das Nieman Lab.
Neues Altpapier gibt es wieder am Freitag.