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Beziehung zu Eltern
Darf ich Dankbarkeit einfordern?
chrismon: In Ratgebern liest man jetzt ständig, dass Dankbarkeit glücklich macht, die Gesundheit verbessert. Andererseits kann sie aber auch zum Stressfaktor werden. Zum Beispiel opfern sich Eltern für ihre Kinder auf, finanzieren ihnen ein teures Studium und erwarten dann Dankbarkeit vom Sohn oder der Tochter. Dürfen sie das?
Wolfgang Schmidbauer: Sie dürfen schon, aber sie tun sich und den Kindern damit keinen Gefallen. Eingeforderte Dankbarkeit setzt den anderen unter Druck, das führt dann schnell zu Schuldgefühlen oder auch Aggressionen. Spontane Dankbarkeit kann dagegen etwas sehr Schönes sein.
Wenn sich etwa der Sohn über ein unerwartet großes Geschenk freut und die Mutter umarmt.
Genau, das ist dann echte, nicht pflichtschuldige Dankbarkeit.
Manche Eltern haben eine Art Generationenvertrag im Kopf, nach dem Muster: Wir haben soviel für dich getan, jetzt könntest du mich auch mal öfter im Altersheim besuchen.
Das denken wahrscheinlich viele Eltern, sie sollten das aber nicht laut sagen. In unserer Gesellschaft ist das Aufrechnen leider weit verbreitet, meist geht es aber nach hinten los. Die Klage, dass etwas zu wenig ist – die Anrufe, die Besuche – , ist der sicherste Weg, dass es noch weniger wird.
Wie können Eltern lernen, nicht fordernd zu sein?