Betrugsvorwurf gegen Goldman Sachs schürt alte Ängste

Betrugsvorwurf gegen Goldman Sachs schürt alte Ängste
Die Bundesregierung prüft aufgrund des Betrugsverdachts gegen Goldman Sachs rechtliche Schritte: Zu den Anlegern, die übers Ohr gehauen wurden, gehört die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB.
19.04.2010
Von Daniel Schnettler

Der Betrugsverdacht gegen die US-Investmentbank Goldman Sachs könnte die ganze Branche ein für alle Mal verändern. Denn der Vorwurf, das renommierte Geldhaus habe seine Kunden hinters Licht geführt, schürt alte Ängste. "Die Klage der US-Börsenaufsicht SEC gegen Goldman Sachs scheint die schlimmsten Ahnungen der Amerikaner gegen die Wall Street zu bestätigen", schrieb die einflussreiche "New York Times": "Dass das Spiel manipuliert ist, dass der Vorteil auf seiten der Bank liegt."

Spiel mit gezinkten Karten

Goldman Sachs soll seinen Kunden ein kompliziert gestricktes Finanzprodukt verkauft haben, das von vornherein zum Scheitern verurteilt war und nur zwei Gewinner kannte: Goldman Sachs selbst und einen Hedgefonds, der eine geschickte Gegenwette platzierte. Der Schaden liegt laut Börsenaufsicht bei mehr als einer Milliarde Dollar.

Ein Spiel mit gezinkten Karten - dieser öffentlich geäußerte Verdacht kommt US-Präsident Barack Obama gelegen. Denn er will mit einem neuen Gesetz die Finanzmärkte unter Kontrolle bringen. Doch die Widerstände im Land sind stark: bei der Opposition und erst recht bei den Finanzkonzernen - auch unter denen, die der Staat mit Unsummen an Steuergeldern vor dem Kollaps bewahrt hatte. Von Demut ist bei den immer noch gut verdienenden Anzugträgern an der Wall Street wenig zu spüren.

Keine weiteren Rettungsaktionen für Banken

"Wir dürfen nicht erlauben, dass sich die Geschichte wiederholt", mahnte Obama noch am Tage, als die SEC ihre Anschuldigungen gegen Goldman Sachs öffentlich machte. "Niemals wieder dürfen amerikanische Steuerzahler dazu gedrängt werden, einzuschreiten und den Preis für die Verantwortungslosigkeit der Spekulanten an der Wall Street zu zahlen." Künftig müssten die Finanzfirmen selber im Ernstfall gerade stehen, warnte der US-Präsident die Branche. "Und das meint keine weiteren Rettungsaktionen."

Es waren aber nicht diese Worte, die die Bankaktien an der New Yorker Börse und rund um die Welt einbrechen ließen. Es war die Sorge, dass die geschundenen Anleger nun ihr verlorenes Geld zurückfordern. Die Auswirkungen für die Wall Street und andere wichtige Finanzplätze wären unübersehbar. In der Krise wurden Billionen verbrannt, vor allem mit riskanten Wetten auf den überhitzten US-Häusermarkt. Nicht nur in den Vereinigten Staaten mussten letztlich die Bürger die Kohlen aus dem Feuer holen.

Bundesregierung prüft rechtliche Schritte

Zu den Anlegern, die Goldman Sachs übers Ohr gehauen haben soll, gehört die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB. Der Schaden liegt laut Anklageschrift der US-Börsenaufsicht SEC bei fast 150 Millionen Dollar. Die Zeche zahlte am Ende der deutsche Steuerzahler. Er musste das Düsseldorfer Institut nach dessen riskanten Abenteuern in Übersee mit fast zehn Milliarden Euro stützen. Die Bundesregierung prüft nun, ob sie gegen Goldman Sachs vorgeht.

Ein Verfahren dürfte sich aber über Jahre hinziehen. Goldman widerspricht den Vorwürfen vehement und hat bereits angedeutet, sich auf keinerlei Vergleiche einlassen zu wollen. Die Reputation der Investmentbank steht auf dem Spiel. Und der gute Ruf ist in der Branche alles. Kaum ein Geldhaus ist derart gut in Politik und Wirtschaft verdrahtet, kaum ein Finanzkonzern mischt bei derart vielen Geschäften mit. Goldman Sachs ist in der Branche gefürchtet und bewundert zugleich.

Genau aus diesem Grund haben viele Banker den Verdacht, dass die Politik ein Exempel statuieren will. Sollte Washington damit durchkommen, würde das die Finanzwelt stärker verändern als jedes Gesetz. Denn dann könnte kein Banker mehr sicher sein, dass er nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Einige besonders windige Anlagemöglichkeiten dürften ganz wegfallen. Und die Bürger müssten am Ende weniger Angst um ihr Geld haben.

dpa