Eine Serie von Missbrauchsfällen in vornehmlich katholischen Schulen und Internaten ist seit Ende Januar in Deutschland bekannt geworden. Dies erschüttert seither die katholische Kirche in Deutschland. Auch in anderen Ländern ist die katholische Kirche mit Missbrauchsskandalen konfrontiert.
Österreich: Der österreichische Kardinal Hans Hermann Groer trat 1995 als Vorsitzender der Bischofskonferenz und Erzbischof von Wien zurück. Vorangegangen waren Vorwürfen, Groer habe jugendliche Priesteramtskandidaten sexuell missbraucht. Nach neuerlichen Vorwürfen wurde er 1998 des Amts des Priors von St. Josef in Maria Roggendorf enthoben. Unter dem Eindruck neuer Missbrauchsfälle kündigte der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, kürzlich an, die Richtlinien zu überarbeiten, die die Kirche nach der Affäre um den ehemaligen Wiener Erzbischof beschlossen hatte.
Irland: Zwei unabhängige Untersuchungskommission, eingesetzt vom Dubliner Parlament, befassten sich in Irland mit dem Ausmaß des körperlichen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen. Ein im vergangenen Jahr vorgelegter Untersuchungsbericht machte zahlreiche Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen publik. Über Jahrzehnte hinweg wurden mehr als 2.000 Kinder in kirchlichen Erziehungsheimen, Schulen und anderen Einrichtungen misshandelt, geschlagen und sexuell missbraucht. Untersucht wurde der Zeitraum zwischen 1930 und 1990. In der Erzdiözese Dublin sollen einem weiteren Bericht zufolge jahrzehntelang Missbrauchsvorwürfe gegen Priester vertuscht worden sein. Nach einem Treffen mit den irischen Bischöfen im Februar verurteilte der Papst die Missbrauchsfälle als "abscheuliches Verbrechen und schwere Sünde, die die Menschenwürde verletzt". Opferverbände fordern den Rücktritt des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Sean Brady, gefordert.
Niederlande: Mehr als 600 Zeugen und mutmaßliche Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche haben sich in den vergangenen Wochen an die kirchliche Anlaufstelle "Hilfe und Recht"
gewandt. Die meisten Meldungen betreffen Vorgänge in den 1950er bis 1970er Jahren. Anfang März waren erstmals Missbrauchsfälle aus einem Salesianer-Internat im südniederländischen 's-Heerenberg bekanntgeworden. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Rotterdamer Bischof Ad van Luyn, sagte, die römisch-katholische Kirche schäme sich für die große Zahl von Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen. Die katholischen Bischöfe baten den christdemokratischen Politiker und Protestanten Wim Deetmann, eine unabhängige Untersuchung vorzubereiten.
USA: Nachdem im Jahr 2001 bekannt wurde, dass die Erzdiözese Boston über Jahre hinweg Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern durch Geistliche vertuscht hatte, beschloss die US-amerikanische Bischofskonferenz 2002 eine systematische Untersuchung. Zudem beschlossen die katholischen Bischöfe Richtlinien zum Schutz vor Missbrauchsfällen. Papst Johannes Paul II. hatte die US-Bischöfe zuvor zu einem Krisengipfel in den Vatikan einbestellt und eine "Null Toleranz"-Strategie gefordert. Der Bostoner Erzbischof Bernard Law wurde im Zusammenhang mit einem Missbrauchsskandal in seiner Erzdiözese nach Rom versetzt, wo er bis heute Erzpriester der Basilika Santa Maria Maggiore ist. Von der katholische Kirche, die in den USA die größte Religionsgemeinschaft stellt, wurden bislang Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe geleistet. Papst Benedikt XVI. verurteilte bei seinem USA-Besuch 2008 sexuellen Missbrauch durch Geistliche auf das Schärfste und feierte mit mehreren Opfern eine Messe. Auch in Kanada sah sich die katholische Kirche massiven Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt.
Australien: Bereits in den 1980er und 1990er Jahren waren pädophile Priester in der australischen Kirche bekannt geworden. Die Opfer-Organisation "Broken Rites" zählte insgesamt 117 Priester, Ordensleute und Priesteramtskandidaten, die wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurden. Am Rande des Weltjugendtreffens 2008 traf Papst Benedikt mit Frauen und Männern zusammen, die als Jugendliche missbraucht worden waren.