Warenhäuser gelten als Auslaufmodelle, der klassische Einzelhandel wächst nicht mehr, und die Konsumlaune in Deutschland ist ohnehin ziemlich auf dem Nullpunkt. Nur eine Handelsform wird immer beliebter: Das Einkaufszentrum, in den USA Mall genannt. Dutzende, oft mehr als 100 kleine und große Geschäfte unter einem Dach, damit eine riesige Auswahl, große Parkplätze und Unabhängigkeit vom Wetter - diese Vorteile locken immer mehr Kunden in die fast 430 Einkaufszentren in Deutschland. Das sind rund viermal so viele wie vor 20 Jahren.
ECE ist Marktführer
Auch die aktuelle Finanzkrise konnte den Trend nicht bremsen. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 15 neue Einkaufszentren eröffnet, hat die DG Hyp ermittelt. "Durch die Wiedervereinigung haben die Shopping-Center einen kräftigen Schub bekommen", heißt es bei der Research-Abteilung der Bank. Vor allem im Großraum Berlin seien zahlreiche neue Einkaufszentren entstanden, aber es gibt im Osten auch prominente Projekte außerhalb der Hauptstadt, wie die Promenaden im Leipziger Hauptbahnhof oder die Altmarkt-Galerie in Dresden.
Mit den Einkaufszentren ist auch der Marktführer herangewachsen, die ECE Projektmanagement in Hamburg. Sie managt in Deutschland 91 Einkaufszentren, dazu 24 weitere im Ausland. Die Händler in den Centern erwirtschaften jährlich einen Umsatz von 13 Milliarden Euro; fast 2,8 Millionen Kunden kommen täglich in die 12.500 Shops."Die Umsätze in den Centern sind stabil und damit liegen wir besser als der Einzelhandel insgesamt", sagt ECE-Chef Alexander Otto. Er ist der jüngste Sohn des 100-jährigen Patriarchen Werner Otto, dem Gründer der Hamburger Unternehmer-Dynastie, und Halbbruder von Michael Otto, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Otto Group. Alexander Otto führt die ECE seit zehn Jahren; inzwischen beschäftigt der Konzern 3.000 Mitarbeiter.
"Wir geben auch Einzelkämpfern eine Chance"
Natürlich ging die Krise auch an der ECE nicht spurlos vorüber. Neben dem Management von Einkaufszentren sind die Planung, der Bau und schließlich der Verkauf solcher Objekte das zweite Standbein der Gruppe. "Für Finanzierung und Investitionen war 2009 sicherlich das schwierigste Jahr, aber wir haben uns europaweit gut geschlagen", sagt Otto. Die ECE habe Investitionsprojekte im Volumen von 600 Millionen Euro neu angestoßen; aktuell sind 21 Projekte im Gesamtwert von rund vier Milliarden Euro in Arbeit. Neue Shopping-Center oder Erweiterungen entstehen in Antalya oder Bratislava ebenso wie in Koblenz oder Ludwigshafen. Die jüngste Eröffnung ist das Serdika Center in der bulgarischen Hauptstadt Sofia; ein Riesen-Center mit 51.000 Quadratmetern Mietfläche und 220 Shops.
Nicht überall ist die ECE willkommen; manches Projekt stieß auf Widerstand beim lokalen Einzelhandel oder den Stadtplanern, so zum Beispiel in Hameln oder Oldenburg. Zu Unrecht, meint Otto. "Bislang hat sich niemand ein ECE-Center nachträglich wieder weggewünscht", sagt er. ECE werte die Innenstädte auf, schaffe Arbeitsplätze, ziehe zusätzliche Kaufkraft an und bemühe sich um individuell angepasste architektonische Lösungen. Auch den Vorwurf der Uniformität lässt er nicht gelten: "Wir geben auch Einzelkämpfern eine Chance. Bei uns sind nur 60 Prozent der Flächen an die Filialen großer Handelsketten vermietet; in den Innenstädten sind es 95 Prozent."
Expansion und Revitalisierung
Der Expansionsdrang des Marktführers ist noch nicht gestillt, weder im Ausland noch in Deutschland. "Hier gibt es noch viele Möglichkeiten; wir bauen ja nicht nur neue Center, sondern revitalisieren auch bestehende." Unterstützung erhält Otto von den Marktforschern der DG Hyp. Sie haben ermittelt, dass Deutschland bei den Shopping-Centern in Europa weit hinten liegt, unter den großen Ländern sogar auf dem letzten Platz. Einkaufszentren machen nur elf Prozent der Einzelhandels-Flächen aus. Auf 1.000 Einwohner entfallen in Deutschland 154 Quadratmeter Fläche in Shopping-Centern. In den Niederlanden sind es dagegen 343 Quadratmeter, rund ein Viertel der gesamten Einzelhandels-Fläche.