Ein Maserati ist kein theologisch angemessener Dienstwagen

Ein Maserati ist kein theologisch angemessener Dienstwagen
Ob Eitelkeit, Genusssucht, Maßlosigkeit oder Habsucht – auf jeden Fall ziemt es sich nicht, wenn der Geschäftsführer einer sozialen Einrichtung, die sich um benachteiligte Menschen kümmert, mit einem Luxussportwagen als Dienstwagen durch die Stadt fährt. Eine theologische Begründung.
23.02.2010
Von Ralf Peter Reimann

Nur durch Zufälle fiel es auf, dass der Geschäftsführer der Berliner Treberhilfe, Harald Ehlert, einen Maserati als Dienstwagen fuhr. Jetzt soll dieser Luxuswagen für Rundfahrten zu sozialen Einrichtungen in der Hauptstadt zu mieten sein und so provokant quasi als Sozial-Maserati der Bewusstseinsbildung dienen.

Da die Berliner Treberhilfe zum Diakonischen Werk gehört, gelten auch für sie die Maßstäbe der christlichen Sozialethik. Aber auch der Bund der Steuerzahler findet einen Maserati als Dienstwagen für den Chef einer sozialen Einrichtung für nicht angemessen: "Da das Geld vom Steuerzahler kommt, sind noch strengere Maßstäbe anzulegen, als wenn beispielsweise Mitglieder eines gemeinnützigen Vereins spenden und der Vorsitzende schafft sich solch einen Wagen an", sagt der Vorstandsvorsitzende des Bundes der Steuerzahler Berlin, Alexander Kraus.

"Kein Habsüchtiger hat ein Erbteil im Reich Gottes"

Welche Maßstäbe gelten aber für soziale Einrichtungen? Gelten für christlich geführte Werke noch strengere Maßstäbe?

So wie die Diakonie ein Zeichen für die Botschaft der Kirche ist, so soll auch jede einzelne Christin und jeder einzelne Christ mit seinem Leben Zeugnis ablegen. Auch wenn es Kernstück evangelischer Theologie ist, dass wir Menschen von Gott so angenommen werden, wie wir sind und wir uns das Himmelreich nicht durch einen gottgefälligen Lebenswandel eigens verdienen müssen, so gibt es doch Maßstäbe, an denen man sich ausrichten kann.

Im Neuen Testament finden sich Tugend- und auch Lasterkataloge, Aufzählungen, was man tun und was man lassen soll. Wer diese Ausführungen mit Aufzählungen aus der nicht-christlichen Umwelt des Neuen Testamentes vergleicht, wird bemerken, dass sich die Inhalte sehr ähneln. Christliche Tugendkataloge sind nicht grundsätzlich verschieden von denen aus der Umwelt des Urchristentums, gleiches gilt für die Lasterkataloge.

Allerdings ist die Begründung in den neutestamentlichen Schriften anders: "Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat... Denn das sollt ihr wissen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes" – so heißt es im 5. Kapitel des Epheserbriefes beispielsweise. Die im Neuen Testament geforderten Tugenden und die zu vermeidenden Laster sind nicht anders, allerdings werden diese theologisch begründet, Christen sollen dem Beispiel Jesu folgen.

Ein Maserati ist eine Nummer zu groß

So gesehen gelten auch für diakonische Einrichtungen keine anderen Maßstäbe als für andere wohltätige Einrichtungen. Innerhalb der Diakonie werden dieselben Maßstäbe jedoch auch theologisch begründet. Der Vorstandsvorsitzende des Bundes der Steuerzahler nennt einen Maserati als Dienstwagen in einer sozialen Einrichtung, die Gelder von Steuerzahlern erhält, für unangemessen. Damit hat er Recht.

Angemessenheit hat aber im konkreten Fall der Dienstwagenauswahl auch eine theologische Dimension. Denn ihr Gegenteil, gehört zu den sieben Hauptlastern, die besser als die sieben Todsünden bekannt sind. In klassischer Theologie wurden diese Laster als Grundursachen für viele Übel ausgemacht. Welches Laster im konkreten Fall greift, hängt auch von der der deutschen Übersetzung der lateinischen Begriffe ab, die nicht eindeutig ist: Superbia kann als Eitelkeit übersetzt werden, Avaritia als Habsucht, Luxuria als Genusssucht, Gula als Maßlosigkeit.

Egal, ob es Eitelkeit, Genusssucht, Maßlosigkeit oder Habsucht ist – ein Maserati als Dienstwagen für eine soziale Einrichtung ist eine Nummer zu groß.

Wenn also ein solcher Dienstwagen auch theologisch abzulehnen ist, so darf man nicht vergessen, dass die Tugend- oder Lasterkataloge kein Urteil über den Wert und das Leben eines Menschen sprechen, der solch einen Wagen fährt, sondern nur Orientierung geben sollen, was in bestimmten Situationen angebracht ist.


Ralf Peter Reimann ist evangelisch.de-Mitarbeiter und evangelischer Pfarrer.