Wen der Bund der Vertriebenen vertritt

Wen der Bund der Vertriebenen vertritt
In der Debatte über die Besetzung des Stiftungsrats "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" argumentiert die CDU-Politikerin Erika Steinbach mit dem Interesse von "15 Millionen deutschen Vertreibungsopfern".
07.01.2010
Von Florian Lütticke

Doch wie errechnet die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) diese Zahl? Welchen Anteil vertritt der BdV aktuell? Lässt sich genau beziffern, wieviele Vertriebene heute noch leben?

Einige Fragen und Antworten zum Bund der Vertriebenen:

Wie lautet die juristische Definition von Vertriebenen?

Paragraf 1 des "Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG)" definiert den Begriff so: "Dazu zählen die deutschen Staatsangehörigen und deutschen Volkszugehörigen, die ihren Wohnsitz in den ehemaligen deutschen Ostgebieten oder außerhalb der Grenzen des deutschen Reiches im Zusammenhang mit den Folgen des Zweiten Weltkrieges verloren haben, ebenso wie politische Emigranten, Umsiedler, Aussiedler und in den Vertreibungsgebieten tätig gewesene Wandergewerbetreibende."

Von welchen 15 Millionen Vertriebenen spricht Steinbach?

Mit dieser Zahl bezieht sich die BdV-Präsidentin auf die seit dem Zweiten Weltkrieg Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, hat das Statistische Bundesamt vor 60 Jahren rund 12 Millionen Vertriebene in den deutschen Staaten ermittelt. Hiervon hatte die Bundesrepublik Deutschland rund 8 Millionen aufgenommen, die Deutsche Demokratische Republik etwa 4 Millionen. Seit 1950 kamen rund 4,5 Millionen Aussiedler und Spätaussiedler mit Familienangehörigen dazu. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Bundesverwaltungsamtes bis einschließlich November noch rund 3000 Spätaussiedler - ganz überwiegend aus der ehemaligen UdSSR - in Deutschland registriert.

Wieviele der Vertriebenen leben noch?

Die Zahl der insgesamt heute noch lebenden vertriebenen Deutschen wird laut Bundesinnenministerium (BMI) statistisch nicht gesondert erfasst. Auch der BdV konnte dazu keine Angaben machen.

Wieviele Menschen vertritt der Bund der Vertriebenen insgesamt?

Da niemand direkt im BdV Mitglied werden kann, zählt der Dachverband alle Meldungen der 16 Landesverbände und 20 Landsmannschaften zusammen. Daher geht der BdV von insgesamt rund zwei Millionen Menschen in den Mitgliedsverbänden aus, darunter auch Aussiedler und Spätaussiedler. In den vergangenen 30 Jahren ging diese Zahl um ein Drittel zurück. Da auch Familienangehörige und Sympathisanten den Verbänden im BdV beitreten können, wird der Mitgliederschwund etwas gebremst.

Warum ist die Berechnung der Mitglieder im BdV so schwierig?

Da Mitglieder von Landsmannschaften auch in Landesverbänden statistisch erfasst werden können, sind Doppelnennungen möglich. Darüber hinaus rechnen einzelne Landesverbände unterschiedlich: So vergibt beispielsweise Baden-Württemberg nach eigenen Angaben nur Familienmitgliedschaften, während andere Verbände alle Personen einzeln führen oder keine Angaben machen können.

Welche finanzielle Unterstützung bekommt der BdV vom Bund?

Im Jahr 2009 mehr als 3 Millionen Euro. Der BdV erhält für seine Geschäftsstelle vom BMI nach dessen Angaben eine jährliche "institutionelle Förderung" von 920 000 Euro. Das BMI fördert zudem Einzelprojekte verständigungspolitischer Art des BdV, seiner Verbände und weiterer nahestehender Organisationen und Einrichtungen (circa 80 Einzelprojekte pro Jahr) sowie eine Wanderausstellung mit jährlich zusammen knapp 1,1 Millionen Euro. Darüber hinaus erhielt der BdV vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2009 Mittel von knapp 1 Million Euro für die Beratung und Integration von Spätaussiedlern. Schließlich wurden dem BdV und ihm nahestehenden Verbänden vom Beauftragten für Kultur und Medien Projektmittel für kulturelle Aufgaben von rund 265 000 Euro gewährt.

Welches sind die größten Mitglieder im BdV?

Bei den Landsmannschaften, in denen sich Deutsche gleicher Herkunft versammeln, stellen Nieder- und Oberschlesier, Sudetendeutsche und Ostpreußen die größten Gruppierungen. Mehr als eine halbe Million Mitglieder sind dort insgesamt organisiert. Bei den Landesverbänden sticht Nordrhein-Westfalen mit 230 000 Mitgliedern hervor.

dpa