S. Fischer: Eine deutsch-jüdische Erfolgsgeschichte

S. Fischer: Eine deutsch-jüdische Erfolgsgeschichte
Als der Verleger am 15. Oktober 1934 in Berlin stirbt, notiert sein wichtigster Autor: "Ein Stück meines Lebens geht mit dem kleinen Juden, der ein Glückskind und eine Art von Genie war, ins Grab." Nobelpreisträger Thomas Mann lag mit der Beschreibung von Samuel Fischer richtig: Der Jude, der aus einem kleinen ungarischen Dorf stammte, hatte im weltstädtischen Berlin Ende des 19. Jahrhunderts eine Art Tellerwäscher-Karriere hingelegt.
21.12.2009
Von Thomas Maier

Mit S. Fischer schuf er einen der bedeutendsten deutschen Literaturverlage, in dem nicht nur Thomas und Heinrich Mann sowie Hermann Hesse ihre Werke veröffentlichten, sondern auch bedeutende ausländische Autoren.

Zum 150. Geburtstag von Samuel Fischer, der sich an Heiligabend (24. Dezember) jährt, hat Barbara Hoffmeister nun eine große Biografie des Verlegers vorgelegt. Sie folgt Fischer auf dem Weg von seinem inzwischen zur Slowakei gehörenden Geburtsort Liptó Szent Miklós in die Habsburger-Metropole Wien, wo er eine Buchhändlerlehre macht. Dann sucht Fischer um 1879 herum sein Glück in Berlin. Er beginnt als Gehilfe in einer Buchhandlung. 1886 gründet der gewiefte Geschäftsmann mit gerade mal 26 Jahren den Verlag S. Fischer mit Sitz in der Mohrenstraße 10.

Fischer schart wichtige Autoren um sich

Fischer fängt mit Eisenbahn-Kursbüchern an, verdient sich aber schon bald mit Ibsen und dann Zola sowie Dostojewski erste literarische Lorbeeren. Wenige Jahre später nimmt der Verleger einen noch unbekannten jungen Dramatiker namens Gerhart Hauptmann unter seine Fittiche. S. Fischer wird fortan zum Forum für die deutschen Naturalisten - und der Aufstieg seines Verlegers zu einer "deutschjüdischen Erfolgsgeschichte" (Hoffmeister). Doch das Leben im aufstrebenden Preußen bleibt stets zwiespältig - Fischer muss immer auch mit Judenhass rechnen. Deshalb lässt er sich im für seine liberalen Gesetze bekannten Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha einbürgern.

1897 sendet ein 21-Jähriger eine Novelle an den Verlag: Es ist der junge Thomas Mann. Sein erstes Buch erscheint bei S. Fischer dann ein Jahr später. Die "Buddenbrooks" kommen kurz nach der Jahrhundertwende heraus. Der Roman sollte - bis heute - zum wichtigsten Erfolg des Verlags werden. Samuel Fischer gelingt es dann, über den Ersten Weltkrieg hinweg die wichtigsten Autoren der literarischen Moderne in Deutschland um sich zu scharen.

Dabei hält sich Fischer, wie es sich für einen guten Verleger auch geziemt, meist im Hintergrund. Dies ist aber auch der Grund dafür, dass es über den Verleger weit weniger historisches Material gibt als über seine Autoren. Hoffmeisters Beschreibungen bleiben damit oft vage. Zugleich gibt sie den Haus-Autoren wie Thomas Mann oder Gerhart Hauptmann sehr viel Raum im Buch.

Schwierige Phase des Verlags während der NS-Zeit

Dennoch ist der Autorin ein farbiger Bericht über einen Verleger gelungen, über dessen Leben wenig bekannt ist. Als Samuel Fischer im Alter von 74 Jahren stirbt, ist er schon so krank, dass er gar nicht mehr mitbekommt, wie die Nationalsozialisten dem Verlag und seinen Autoren zusetzen. Bereits zuvor hatte Samuel Fischer den Verlag in die Hände seines Schwiegersohns Gottfried Bermann Fischer gelegt.

1936 wird der Verlag geteilt: Bermann Fischer geht zuerst nach Wien und später ins Exil nach Stockholm. Peter Suhrkamp versucht in Berlin unter schwierigen Bedingungen für S. Fischer weiterzuarbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg fällt S. Fischer wieder an Bermann Fischer. Peter Suhrkamp gründet seinen eigenen Verlag und nimmt einen Teil der prominenten Autoren mit. Beide Verlage lassen sich in Frankfurt nieder. Jetzt zieht der Suhrkamp Verlag unter seiner Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz zum Jahresende zurück nach Berlin.

Barbara Hoffmeister: S. Fischer, der Verleger. Eine Lebensbeschreibung S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 496 Seiten, 22,95 Euro ISBN 978-3-10-032003-2

dpa