Weihnachtsoratorium - ein musikalisches Hörspiel

Weihnachtsoratorium - ein musikalisches Hörspiel
Jeden Tag erklären wir in der Adventszeit einen Begriff rund um die besinnlichen Tage. Diesmal werfen wir einen Blick auf die geistliche Konkurrenz zur Oper, die besonders zur Advents- und zur Fastenzeit beliebt war.
15.12.2009
Von Georg Klein

Die Bezeichnung Oratorium kommt vom italienischen "Oratorio", dem Gebetssaal eines Hauses oder Klosters. Dementsprechend ist ein Oratorium fast immer eine geistliche Musikform, in der zwar nicht gespielt oder inszeniert, aber eine Handlung mit musikalischen Mitteln und verteilten Rollen dramatisiert wird. Es ist eine musikalische Art von Hörspiel mit religiösem Inhalt, in dem sowohl der Text des Erzählers - genannt Zeuge (Testimonio) - als auch der der Hauptfiguren gesungen wird.

In seinen musikalischen Strukturen ist das Oratorium durchaus mit der Oper verwandt, mit der es sich auch zeitgleich um 1600 entwickelte. Da vielerorts zu kirchlichen Fastenzeiten und Festtagen der Besuch von Opern verboten war, wurde dem Oratorium gerade dann besondere Aufmerksamkeit zuteil.

Bachs Werk ist einmalig

Weihnachtsoratorien entstanden im 17. Jahrhundert vor allem im protestantischen Norddeutschland und erzählten die biblische Geschichte der Geburt Christi nach Lukas und Matthäus. Bekannte Komponisten von Weihnachtsoratorien waren unter anderen Heinrich Schütz, Johann Schelle und Georg Philipp Telemann. Wenn man heute aber von "dem" Weihnachtsoratorium spricht, das auch nach wie vor am meisten aufgeführt wird, so ist die Rede vom sechsteiligen Werk Johann Sebastian Bachs (1685-1750). Seine Einmaligkeit erhält das Werk einerseits durch eingeschobene, vergleichsweise freie madrigalische Dichtungen und andererseits durch den festlichen Charakter der Instrumentierung mit Pauken, Holz und Blechbläsern.

Zu späteren Zeiten wurde kritisiert, dass viele einzelne Teile des Weihnachtsoratoriums Kantaten seien, die Bach bereits vorher und für andere festliche Anlässe komponiert hatte. Das änderte aber nach der Neuentdeckung des Werks 1857 durch die Sing-Akademie zu Berlin nie etwas an seiner Popularität. Außerdem wurde zu Bachs Zeiten von der Einheit aller Musik ausgegangen, die Neu- und Weiterbearbeitung älterer Stücke war durchaus gängige Praxis. Bis heute ist das Weihnachtsoratorium von allen Werken Bachs das beliebteste und am häufigsten aufgeführte.