Laut der Emnid-Erhebung im Auftrag der Zeitung "Bild am Sonntag" lehnen 48 Prozent der Deutschen ein Bauverbot von Gebetstürmen an Moscheen ab. 38 Prozent sind dafür, den Bau von Minaretten zu verbieten. Während es in Deutschland insgesamt keine Mehrheit für ein solches Bauverbot gibt, sind die Gegner der Minarette in den neuen Bundesländern laut Umfrage in der Überzahl: 44 Prozent der Ostdeutschen würden für ein Minarett-Verbot stimmen, 37 Prozent sind dagegen. Zum Vergleich: In den alten Bundesländern sind 51 Prozent gegen ein Verbot und nur 37 Prozent dafür.
"Wir haben es zu tun mit einer Mischung aus Verunsicherung, Vorurteilen und mangelnder Integration", sagte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). "Es wäre ein großer Fehler zu sagen: Das betrifft uns nicht", mahnte der Abgeordnete. Laut einer Umfrage sind die Deutschen anders als die Schweizer mehrheitlich gegen ein Bauverbot für Minarette.
Sorge vor christlich-islamischen Spannungen
Bei einer Volksabstimmung in der Schweiz hatten am vergangenen Sonntag 57,5 Prozent der Wähler für ein Bauverbot für Minarette in der Verfassung gestimmt. Eine Gruppe rechtsnationaler Politiker hatte die Initiative gestartet. Das Ergebnis des Referendums war bei Politikern und Kirchen europaweit auf Kritik gestoßen und hatte die Sorge vor neuen Spannungen zwischen Christen und Muslimen ausgelöst.
"Mit der Minarett-Entscheidung in der Schweiz ist deutlich geworden, dass es einen Handlungsbedarf gibt", sagte Friedrich. "Deshalb muss man die Identität der eigenen Bevölkerung und die Integrationskraft stärken, damit diese Vorstellung von Bedrohung gar nicht erst aufkommt", führte der CSU-Politiker aus. Er fügte hinzu: "Den Machtanspruch von Muslimen nach dem Motto: 'Wir setzen an die Stelle eurer Kultur unsere Kultur' kann niemand akzeptieren."
Aufruf an Muslime
Die niederländische Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali rief die Muslime in Europa auf, sich die Werte des Westens zu eigen zu machen. Das Ergebnis des Referendums in der Schweiz sei als Ablehnung des politischen Islam zu werten, nicht als Ablehnung der Muslime, schrieb die gebürtige Somalierin und frühere niederländische Parlamentsabgeordnete in einem Beitrag für die "Welt am Sonntag". Zum anderen habe die Abstimmung gezeigt, wie unterschiedlich das Schweizer Volk und die politische Elite des Landes den politischen Islam beurteilten.
Der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich bezeichnete das Votum in der Schweiz als "verheerend". Die Entscheidung sei unter dem "Diktat der Angst" getroffen worden und habe damit aufs Unglücklichste alle Ressentiments und Empfindlichkeiten auf Seiten der Muslime bedient, sagte Friedrich in einer Predigt in Nürnberg.
"Minarett gehört zur Moschee"
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagte dem "Münchner Merkur" (Wochenendausgabe), nach muslimischen Verständnis gehöre zur Moschee auch das Minarett. Religionsfreiheit, wie sie in Deutschland gefordert werde, umfasse auch die Religionsfreiheit von anderen. Wichtig sei jedoch, Befürchtungen aus der Bevölkerung ernst zu nehmen.
Der Schriftsteller und Journalist Günter Wallraff bezeichnete das "Hin und Her um die Minarette" als die völlig falsche Debatte. Es gehe vielmehr darum, was in den Moscheen gepredigt werde, sagte Wallraff der "Frankfurter Rundschau" (Samstagsausgabe). "Mit dem Bau repräsentativer Moscheen werden Aufmerksamkeit und Interesse für die Inhalte steigen", betonte der Autor. "Bei der Frage nach der Finanzierung sollte man eine nachprüfbare Offenlegung verlangen", fügte Wallraff hinzu.