Museum erinnert an die Diamantschleiferei

Museum erinnert an die Diamantschleiferei
Seit etwas mehr als zehn Jahren pflegen ehemalige Diamantenschleifer im Diamantschleifer-Museum in Brücken die Erinnerung an die pfälzische Kleinindustrie, die Ende der 60er Jahre unterging. Für Besucher ziehen sie bei "Schleifkursen" oder Vorführungen noch einmal die blaue Arbeitsschürzen über und werfen die Schleifmaschinen an.
03.12.2009
Von Alexander Lang

Ein Knopfdruck, und die alte Schleifscheibe beginnt zu rotieren, 3.000 Umdrehungen in der Minute. Guido Defland drückt den eingespannten Rohdiamanten auf die Scheibe. Der feine Ölfilm mit Diamantstaub darauf wirkt wie Schmirgelpapier. "Nur Diamant schneidet Diamant", sagt der 75-jährige ehemalige Diamantschleifer und kontrolliert den Winkel des Steinschliffs durch die Lupe.

Auf den richtigen Schliff kommt es an

Der Lichtglanz der wertvollen Steine brachte ein Dreivierteljahrhundert lang ein bescheidenes Auskommen für viele Familien am äußersten Rand der bis heute strukturschwachen Westpfalz. 1888 wurde auf der Neumühle bei Brücken im Ohmbachtal die erste pfälzische Diamantschleiferei gegründet. Vor allem in Heimarbeit verdienten rund 2.500 Arbeiter in der Hochphase der Diamantindustrie mit dem Schleifen ihr Geld, berichtet Defland. Als junger Mann verpasste er selbst 13 Jahre lang Diamanten den richtigen Schliff.

Große Fingerfertigkeit und ein gutes Auge sind nötig, um aus einem unscheinbar trüben Rohdiamanten einen glitzernden Brillanten zu zaubern: Der Stein wird zunächst in einer Reibmaschine rund geschliffen, dann kommt der Feinschliff an der Drehscheibe. Erst jetzt entfaltet der Diamant seinen Lichtzauber, sein "Feuer". Das einfallende Licht wird nach allen Seiten hin reflektiert, der Stein funkelt in weißem Licht: er brilliert. Dazu zu sind 56 Flächen - "Facetten" - nötig, die der Schleifer von dem Stein abträgt. Den richtigen Schliff kontrolliert er mit einer kleinen Lupe.

Für Gott ist "nichts zu schade"

Die "vier C" machen den Wert des unter unglaublichem Druck gepressten und kristallisierten Kohlenstoffs aus: Reinheit (Clarity), Farbe (Color), Schliff (Cut) und Gewicht (Carat). "Lupenrein" muss ein Anwärter für einen Schmuckbrillanten sein, er darf keine Flecken oder Einschlüsse haben. Je weißer die Farbe, desto teurer ist der Diamant.

Auch eine religiöse Dimension hat der Kult um den härtesten und teuersten Stein der Welt: Seine große Härte macht ihn unzerstörbar und unvergänglich. Auch dass sei der Grund, weshalb liturgische Geräte der katholischen Kirche wie Monstranzen und Messkelche auch heute noch mit Brillanten geschmückt würden, sagt Defland. Damit werde die Idee ausgedrückt, dass für Gott "nichts zu schade" sei.

Ausschließlich Männer verdienten in den westpfälzischen Lohnschleifereien den Lebensunterhalt für ihre Familien. Auf engstem Raum war die Arbeit möglich, "unterm Dach konnte man die Drehscheibe aufstellen", erzählt Defland. Die Lohnschleifer erhielten die Rohdiamanten, die meist aus dem südlichen Afrika oder Russland stammten, von Händlern geliefert. Die Steine mussten in einer festgesetzten Zeitspanne bearbeitet und wieder an die Händler zurückgegeben werden.

"Diamonds are a Girl's best Friend"

Die weltweite Konkurrenz brachte vor knapp 40 Jahren dann das Aus für die pfälzische Diamantindustrie. In Russland, Südafrika und Israel entstanden neue Zentren. Zudem lockten seit den 50er Jahren feinmechanische Betriebe im saarländischen Homburg viele Schleifer mit besseren Löhnen.

Die Magie des Diamanten bleibt ungebrochen: Marilyn Monroe sprach aus, was angeblich alle Frauen denken. "Diamonds are a Girl's best Friend", hieß der Song, mit dem sie einen imaginären Liebhaber daran erinnerte, was ganz oben auf ihrer Wunschliste steht. "Meine Frau liegt mir in den Ohren: Mach mir noch einen Brillanten", bestätigt Guido Defland die kühne Behauptung der Filmdiva. Doch er bleibt diamanthart: "Ich mache keinen mehr." Die glanzvollen Zeiten der Diamantschleifer im Ohmbachtal sind unwiederbringlich vorbei.

Hinweis: Das Diamantschleifer-Museum in Brücken im Landkreis Kusel ist dienstags von 9.30 bis 12 Uhr sowie donnerstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Termine und Führungen sind nach Vereinbarung möglich unter Telefon: 06386/993168 oder 06373/5040.

epd