"Am Abend war ich zu Hause im Zechenhaus in Unna-Königsborn und habe staunend am Fernseher verfolgt, was in Berlin geschah. Unseren Kindern – die Älteste war 14, verstand schon ein bisschen und fragte nach, der Mittlere war 10 und wußte nicht, was passierte, den Kleinen interessierten die weltpolitischen Vorgänge noch gar nicht – haben wir die Bilder und die Aufregung der Menschen erklären müssen.
Vor dem Mauerfall habe ich keine intensiven Kontakte in die DDR gehabt, nur die üblichen Besuche in Ostberlin. Ende der achtziger Jahre war ich mit verantwortlich für die Vorbereitung des Kirchentags im Ruhrgebiet. Wir wollten damals auch DDR-Bürger zum Kirchentag im Westen einladen. Deshalb habe ich mit Kolleginnen und Kollegen in der DDR Gespräche geführt, beispielsweise mit dem Superintendenten aus Leipzig, Frieder Magirius.
Beim Kirchentag in Berlin im Jahr 1989 habe ich einige DDR-Bürgerinnen und Bürger näher kennen gelernt. Dass sie 1991 im Ruhrgebiet ganz selbstverständlich dabei sein konnten, war damals noch nicht abzusehen.
Bemerkenswert finde ich im Rückblick: 1961 fand der Evangelische Kirchentag in Berlin statt. Die Mauer wurde 1961 gebaut. Zwei Jahre später hieß das Motto des Kirchentages in Dortmund ,Mit Konflikten leben'. 1989 fand der Evangelische Kirchentag wieder in Berlin statt. Die Mauer wurde eingerissen. Zwei Jahre später hieß das Motto des Ruhrgebietskirchentages ,Gottes Geist befreit zum Leben'."
Alfred Buß ist seit fünf Jahren Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvV). Seit dem Mauerfall war Buß oft in der ehemaligen DDR, hat dort Kirchentage besucht, auch regionale. "Für mich sind diese Kontakte zunächst unmittelbar mit der Kirchentagsarbeit verbunden gewesen. Inzwischen gibt es natürlich viele selbstverständliche Begegnungen mit Leuten aus Mecklenburg-Vorpommern oder aus Brandenburg", berichtet der 62-Jährige.