Filmtipp der Woche: "Der Informant!"

Filmtipp der Woche: "Der Informant!"
Mit "Der Informant!" hat Steven Soderbergh die wahre Geschichte des Mark Whitacre verfilmt, der Wirtschaftsverbrechen aufklären half, während er selbst welche beging.
05.11.2009
Von Kai Mihm

Steven Soderbergh gehört zu den Regisseuren, die sich mit jedem Film "neu erfinden", die stilistisch und thematisch eine radikale Kehrtwende zum jeweiligen Vorgängerfilm vollziehen. Zuletzt brachte Soderbergh in kurzer Folge sein zweiteiliges, im Cinema-verité-Stil gefilmtes Revolutionsepos "CHE" in die Kinos, gefolgt von dem formal experimentellen – bei uns noch nicht ins Kino gekommene – Low-Budget-Drama "The Girlfriend Experience" mit der "Pornoqueen" Sasha Grey in der Hauptrolle, nunmehr gefolgt von dem mainstreamigeren "Der Informant!", der sich am ehesten als "satirische Komödie" oder ¬besser noch als Starvehikel für Matt Damon bezeichen lässt.

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Basierend auf einem realen Fall erzählt der Film die Geschichte von Mark Whitacre, einem Topmanager des mächtigen (und bis heute berüchtigten) US-Konzerns ADM, der Anfang der Neunziger das FBI über illegale Preisabsprachen seines Arbeitgebers informierte und in den folgenden Jahren als Informant und Undercoveragent der Behörde fungierte. Über Whitacres Beweggründe – immerhin war er ein Spitzenverdiener mit besten Karriereaussichten – gab es im Lauf der Jahre mehrere Versionen, die höchst gegensätzliche Bilder des Mannes und seiner Motive zeichnen. Für die einen ist er ein psychotischer Gauner, der von seinen eigenen Verfehlungen ablenken wollte, für die anderen ein verkannter Volksheld, der die korrupten Machenschaften des amerikanischen "Big Business" offenlegte.

Amüsant und unterhaltsam

Soderbergh entscheidet sich tendenziell für die erste Variante. Mark Whitacre, wie Soderbergh ihn inszeniert und Matt Damon ihn verkörpert, ist ein manisch-depressives, egomanes Schlitzohr, das sowohl seine Arbeitgeber als auch das FBI jahrelang an der Nase herumführt. Das ist sehr amüsant und unterhaltsam anzusehen, nur gehen Whitacres tatsächliche Verdienste dabei in einem Sammelsurium aus skurrilen Situationen, schrägen Charakteren und geschmacklosen Kostümen unter. Soderbergh und sein Drehbuchautor Scott Burns haben auf eine wie auch immer ausgerichtete moralische Komponente verzichtet und ihren Film auf Oberflächenreize ausgerichtet.

Sie verlassen sich dabei auf ihren Hauptdarsteller Matt Damon, der in fast jeder Szene präsent ist. Mit Schnurrbart, Hornbrille und leichtem Übergewicht erinnert Damon an Philip Seymour Hoffman in "Owning Mahony", der in einem anderen Umfeld von einer ähnlich unglückseligen Verquickung von Geld, Gaunerei und psychischer Labilität erzählte. In Tonfall, Ausstattung, Musik, Figurenkabinett und Absurdität ähnelt "Der Informant!" einem Coen-Film, speziell "Burn after Reading" kommt einem beim Sehen immer wieder in den Sinn. Aber wo den Coens eine meisterhafte Farce über amerikanische Befindlichkeiten gelang, beschränkt Soderbergh sich auf zynische Gags und ein paar halbgare Kommentare zu Kapitalimus und Konsumgesellschaft. Die tiefste Erkenntnis des Films besteht darin, dass es nicht immer hehre Motive sind, die einen Mann zum Kämpfer für eine hehre Sache machen.

The Informant! Regie: Steven Soderbergh. Buch: Scott Burns. Mit: Matt Damon, Scotta Bakula, Joel McHale, Melanie Lynskey. 108 Min. FSK: ab 12, ff. FBW: besonders wertvoll.

epd