"Verlorenes Symbol": Dan Brown knackt wieder alle Codes

"Verlorenes Symbol": Dan Brown knackt wieder alle Codes
Wieder hat der Autor Dan Brown eine zum Roman gewordene Verschwörungstheorie veröffentlicht. Im Mittelpunkt diesmal: Die Freimaurer.
14.10.2009
Nada Weigelt

Eigentlich sollte man meinen, ein Harvard- Professor, der morgens seine eigens aus Sumatra importierten Kaffeebohnen noch von Hand mahlt und tagsüber geheime Zeichen entschlüsselt, hätte ein beschauliches Leben. Doch nicht bei Dan Brown (45). In seinem neuen Roman "Das verlorene Symbol" schickt der amerikanische Thriller-Experte seinen Helden aus dem Megaseller "The Da Vinci Code" ("Sakrileg", 2003) und dem Vorgängerroman "Angels and Demons" ("Illuminati", 2000) wieder in ein atemberaubendes Abenteuer gegen die Zeit.

Auch wenn es diesmal nicht um so kontroverse Themen wie die angebliche Ehe Jesu mit Maria Magdalena geht - spannende Unterhaltung bietet das Buch allemal. Schon das amerikanische Original "The Lost Symbol", das vor vier Wochen erschien, eroberte auch in Deutschland auf Anhieb die Bestsellerlisten. In den USA gingen allein am ersten Verkaufstag mehr als eine Million Bücher über den Ladentisch - der mit Abstand beste Start nach Harry Potter.

Inzwischen haben im Lübbe Verlag in Bergisch Gladbach sechs Übersetzer gleichzeitig unter Hochdruck die deutsche Version erstellt. Sie soll nun in einer spektakulären Aktion auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt werden.

Zentrum der Weltmacht

"Bei zu vielen populären Autoren folgen auf große Hits schreckliche Enttäuschungen", fürchtete die "New York Times", die als erste eine Kritik über das bis zum Schluss streng geheim gehaltene Epos schrieb. "Bei Dan Brown ist das anders. Er macht ein schon totgeglaubtes Genre wieder sexy."

Diesmal schickt der Autor seinen Helden Robert Langdon (in den Brown-Filmen genial von Tom Hanks gespielt) nicht nach Paris, London oder Rom, sondern nach Washington, ins Zentrum der Weltmacht. Unter einem Vorwand ins Capitol gelockt, macht der Symbol-Forscher dort einen grausigen Fund: In der legendären Rotunde liegt die abgetrennte Hand seines langjährigen Freundes und Mentors Peter Solomon. Ein Finger, geheimnisvoll tätowiert, zeigt auf ein Bild des ersten US-Präsidenten und Freimaurers George Washington. Und Langdon weiß  sofort: ein mysteriöser Zusammenhang.

Nur zwölf Stunden bleiben dem Wissenschaftler, um die Verschwörung aufzudecken. Der Mann, der seinen Freund gekidnappt und verstümmelt hat, will mit seiner Hilfe einem alten Geheimcode der Freimaurer auf die Spur kommen, der Macht und Verwandlung verspricht. Andernfalls drohe eine "Katastrophe, von der sich das Land nicht erholen wird".

Strudel von Abenteuern

In gewohnter Manier gerät Langdon in einen immer schnelleren Strudel von Abenteuern und Mysterien: Er entschlüsselt Rätsel, analysiert Bilder, deckt alte Geschichten auf - und kämpft mit und gegen den gewaltigen Sicherheitsapparat der CIA. Zum Glück hat er mit Katherine, der Schwester seines milliardenschweren Mentors, auch wieder eine attraktive, beherzte Frau an seiner Seite.

So kommen eingefleischten Brown-Fans viele Grundmuster des Romans sehr bekannt vor. Der fiese, masochistische Bösewicht etwa ist ebenfalls wieder da, nicht in Gestalt des Albino-Mönchs Silar, sondern als ein über und über mit Tattoos bedeckter, kastrierter Psychopath, der sich selbst Mal'akh nennt - hebräisch für Engel. "Ich bin ein Wunderwerk", redet sich der Hüne vor dem Spiegel eitel zu.
"Wenn Sie nur von meiner Macht wüssten."

Doch trotz vorgestanzter Bauteile, einem allzu gewollt flapsigen Stil bei den Zitaten und gelegentlichen Einschüben von Lexikonwissen hat das Buch eine packende Dynamik. Wenn sich Langdon mit Katherine auf die Jagd durch das Capitol, die Kongress-Bücherei, den Botanischen Garten und andere Sehenswürdigkeiten Washingtons begibt, möchte man keine Seite missen.

Gesund wie Gemüse

Das Tourismusbüro der Stadt hat die Chancen bereits erkannt und eine eigene Website für Besucher mit Dan-Brown-Faible eingerichtet. Und der Autor selbst warb nach sechs Jahren Schweigen auch in Interviews mit deutschen Medien für sein Werk: "Mein Buch schmeckt süß wie Dessert - ist aber für das Hirn so gesund wie Gemüse." Nur über das etwas längliche Ende dürften Fans streiten. Es sei überraschend, weil es nicht überrascht, befand die "New York Times".

Einen ungewöhnlichen Schlenker macht der Autor gleich zu Beginn seines 700-Seiten-Thrillers: Indirekt entschuldigt er sich für den Wirbel, den er vor sechs Jahren mit seinem "Da Vinci Code" vor allem bei der Katholischen Kirche auslöste. "Mein Lesekreis hat Ihr Buch über das göttlich Weibliche und die Kirche gelesen", lässt er eine junge Empfangsdame zu Langdon sagen. "Hat ja für einen schönen Skandal gesorgt! Es macht Ihnen wohl Spaß, den Fuchs im Hühnerstall zu spielen?" - "Das war nie meine Absicht", versichert Langdon - vermutlich in Browns Namen.

dpa


"Dan Brown: Das verlorene Symbol", Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach,  765 Seiten, Euro 26,00