Der ehemalige Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, Christian Führer, ist am Montag im Alter von 71 Jahren gestorben. Der evangelische Theologe wurde am Morgen in die Notaufnahme des Universitätsklinikums Leipzig eingeliefert, wo allerdings nur noch sein Tod festgestellt werden konnte, wie eine Klinik-Sprecherin bestätigte. Führer, der durch seine prägende Rolle bei den Leipziger Montagsdemonstrationen 1989 bundesweite Bekanntheit erlangte, litt seit etwa zwei Jahren an einer schweren Lungenerkrankung. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte den Theologen als eine der prägenden Gestalten der friedlichen Revolution in der DDR vor 25 Jahren.
Führer kam 1980 als Pfarrer an die Nikolaikirche. Dort startete er die sogenannten Friedensgebete, die zu einer wöchentlichen Einrichtung wurden. Sie gelten als Initialzündung für die Montagsdemonstrationen, die schließlich das Ende der SED-Herrschaft einläuteten. Bekannt wurde er auch für die Einladung aller Menschen in die Kirche, welche sich in dem Schild "Nikolaikirche - offen für alle" manifestierte.
Gauck: Für viele ein Hoffnungsträger
Bundespräsident Gauck erklärte: "Christian Führer war vielen Menschen ein Hoffnungsträger - in seinem Beruf als Seelsorger und auch als eine der prägenden Gestalten der Friedensgebete in der Nikolaikirche und der daraus hervorgegangenen Leipziger Montagsdemonstrationen, die die friedliche Revolution in der DDR einleiteten." Im "Aufstehen gegen das Unrecht" in der DDR habe Führer einen wesentlichen Auftrag des Evangeliums gesehen, schrieb Gauck in einem Kondolenzbrief an Führers Sohn Sebastian.
"Mit Christian Führer verliert unser Land eine der wichtigen Persönlichkeiten der friedlichen Revolution, einen aufrechten Christen und einen engagierten Fürsprecher für die Menschen am Rand der Gesellschaft", hob der Bundespräsident hervor.
Sachsens Landesbischof Jochen Bohl erklärte, die Kirche trauere um Führer, dessen Gottvertrauen und geradliniger Mut ihn zum unbequemen Mahner für Frieden und soziale Gerechtigkeit gemacht habe. "Furchtlos und unverzagt trat er für das von ihm als gerecht Erkannte ein", sagte der evangelische Landesbischof.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) erklärte, Führer habe als Pfarrer "mit Friedensgebeten und Öffnung der Kirche für Oppositionskreise entscheidend zur Stärkung des Engagements für Freiheit und Demokratie beigetragen". Es erfülle ihn mit Trauer, dass Führer das Gedenken an die friedliche Revolution vor 25 Jahren nicht mehr persönlich erleben könne.
Erst in der vergangenen Woche war Führer gemeinsam mit dem Leipziger Pfarrer Christoph Wonneberger und dem DDR-Bürgerrechtler Uwe Schwabe stellvertretend für alle Beteiligten der Montagsdemonstrationen mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet worden. An der Verleihung in Berlin hatte er aus gesundheitlichen Gründen aber schon nicht mehr persönlich teilnehmen können.
Auch in Leipzig zeigten sich ehemalige Weggefährten und Politiker bestürzt über den Tod des Pfarrers. "Sein Mut war und ist beispielhaft", sagte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Er habe ihn als "einen Menschen erlebt, der im festen Vertrauen auf seinen Glauben das Unmögliche nicht nur zu denken wagte", sagte Jung.
Der ehemalige Leipziger Oberbürgermeister und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte dem Radiosender "MDR Info", er habe mit Führer einen persönlichen Freund verloren. Der Nikolaikirchen-Pfarrer sei ein Mann gewesen, der "in einzigartiger Weise andere Menschen motiviert" habe, "etwas anzupacken, etwas zu verändern".
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion und ehemalige Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Göring-Eckardt, nannte Führer eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der friedlichen Revolution. "Seine aus dem christlichen Glauben gewonnene Kraft, sich friedlich gegen den Unrechtsstaat und für mehr Demokratie, für eine gerechte, menschenwürdige Politik einzusetzen, hat viele Menschen ermutigt und inspiriert", sagte Göring-Eckardt.