Filmkritik: "Beste Chance"

Foto: epd/Majestic-Filmverleih
Anna Maria Sturm als Kathi in dem Film "Beste Chance".
Filmkritik: "Beste Chance"
Bayerisches Mädel trifft auf Plastik-Ghandi: Abenteuer oder Zukunftsplanung: nach "Beste Zeit" und "Beste Gegend" nun "Beste Chance" der dritte Teil der Trilogie um das Erwachsenwerden zweier Freundinnen von Marcus H. Rosenmüller.
25.06.2014
epd
Ulrich Sonnenschein

Fast sah es so aus, als ob Marcus H. Rosenmüller die geplante Trilogie um die beiden Freundinnen Kathi (Anna Maria Sturm) und Jo (Rosalie Thomass) doch nicht fertigstellen würde. Nach dem großen Erfolg von "Beste Zeit" erreichte "Beste Gegend" nur noch halb so viele Zuschauer, so dass das Projekt des Bayerischen Rundfunks auf Eis gelegt wurde. Jetzt sind Kathi und Jo wieder da, etwas älter und aus dem Dilemma, reisen oder daheimbleiben, rausgewachsen.

Nachdem Kathi sowohl ihren Schüleraustausch nach Amerika verpasst hat, als auch die gemeinsame Reise mit Jo, ist sie in dem neuen Film "Beste Chance" nun endlich unterwegs und zwar in Indien. Dort sucht sie ihre Freundin Jo, von der man längere Zeit nichts gehört hat. Niemand ahnt, dass sich diese bereits auf dem Rückweg befindet. Und dann machen sich auch noch ihre beiden Väter auf die Reise, weil sie im Radio von Unruhen und lebensbedrohlichen Situationen in Indien gehört haben.

Um die Handlung zu ermöglichen, gilt es, die Mobiltelefone so zu beschränken, dass eine Kommunikation zwar möglich ist, aber bruchstückhaft bleibt. Das klassische Spiel mit den sich kreuzenden Wegen und knapp verpassten Treffen arbeitet Marcus H. Rosenmüller zu einer indisch-bajuwarischen Komödie aus, in der Figuren aus den ersten beiden Teilen wieder vorkommen. Verstehen kann man "Beste Chance" aber auch ohne Vorkenntnisse ganz gut. Denn es geht nach wie vor um die persönliche Reife, um die Frage gesichertes Leben mit Kind und Eigenheim oder Abenteuer in der großen weiten Welt. Die Muster wiederholen sich, frei nach Marx, mal als Tragödie, mal als Farce, und Rosenmüller macht daraus, routiniert wie immer, einen vergnüglichen Clash der Kulturen.

Kathi und Jo geraten wieder an denselben Mann, mit dem großen Unterschied, dass Jo von ihm schwanger ist, sich aber weder eine Abtreibung noch ein Familienleben mit dem von Ashram zu Ashram reisenden Vater vorstellen kann. Als Kathi sich in Indien in ihn verliebt, ahnt sie nichts von deren Vorgeschichte, doch bevor sich wirklich etwas entwickeln kann, hat sie Rucksack, Geld, Papiere und auch den windigen Liebhaber verloren. Dafür allerdings ihren und Jos Vater gefunden, die frisch ausgeraubt auf einer Polizeistation versuchen, dem diensthabenden Offizier auf Englisch zu erklären, was passiert ist: "Do you have me?"

Aufbruch oder Stillstand?

Das Hippie-Indien, mit dem Rosenmüller bereits in "Sommer in Orange" abrechnete, ist völlig verschwunden. Armut, Lärm und Dreck beherrschen das Land, billiger Tand die nach wie vor bunten Märkte und Kleinkriminalität die Straßen. Rosenmüller lässt vielfach die Bilder sprechen, taucht in die indische Gesellschaft ein und zeigt einen Plastik-Ghandi neben einem Touristenshop. Die Ashrams sind inzwischen auf zahlungskräftige Gäste eingestellt. Dass Kathi sich am Ende entschließt, dort zu bleiben, kleidungs- und mittellos, ist in der Logik der Trilogie nur folgerichtig. Der nächste Schritt wäre der in die alltägliche Langeweile gewesen.

D 2014. Regie: Marcus H. Rosenmüller. Buch: Karin Michalke, Marcus H. Rosenmüller. Mit: Anna Maria Sturm, Rosalie Thomass, Volker Bruch, Florian Brückner. Länge: 102 Min.