Selbst Christen in Jerusalem bekamen den Papst kaum zu Gesicht: Polizei und Grenzschutz sperrten die Orte, die Franziskus besuchte, aus Sorge vor Übergriffen weiträumig ab. Die sonst so belebte Altstadt Jerusalems war wie leer gefegt. Statt jubelnder Zivilisten auf den Dächern hielten dort Scharfschützen Ausschau nach eventuellen Extremisten. In der Luft kreisten pausenlos Polizei-Hubschrauber.
Es sei ein Punktesieg für die Palästinenser gewesen, kommentierte die israelische Tageszeitung "Haaretz" den Papstbesuch. Der Direktflug von Amman nach Bethlehem ohne Zwischenstopp in Tel Aviv und ohne israelische Grenzkontrolle trugen dazu bei, aber noch wichtiger war das kurze Gebet des Papstes an der Trennmauer, die Israel vor gut zehn Jahren als Anti-Terror-Maßnahme errichten ließ. Gerade die Konfrontation mit den Trennanlagen und militärischen Grenzkontrollen hatte verhindert werden sollen, als sich Vatikan und Jerusalem auf die Reiseroute Bethlehem - Tel Aviv- Jerusalem per Hubschrauber einigten, anstelle der direkten Autofahrt von Bethlehem nach Jerusalem, das nur wenige Kilometer entfernt liegt. Das kurze Gebet von Franziskus signalisierte seine Solidarität mit dem palästinensischen Volk.
Ein Olivenbaum für den Frieden
Angesichts der verfahrenen Situation im israelisch-palästinensischen Friedensdialog bleibt indes fraglich, inwieweit das päpstliche Gebet an der Trennmauer und die Initiative für das Treffen der Präsidenten im Vatikan neue Bewegung in die Gespräche bringen kann. Sehr viel mehr als seinen guten Willen demonstrieren und beiden Konfliktparteien seine Botschaft mitteilen, könne auch ein Papst nicht leisten, meinen skeptische Beobachter. Abzusehen war, dass umgekehrt die religiösen und politischen Repräsentanten die Gelegenheit wahrnehmen würden, um ihre Positionen zu Gehör zu bringen. Nach ihrer Zusammenkunft pflanzten Peres und der Papst im Garten des Präsidenten einen Olivenbaum als Symbol des Friedens.
"Frieden wird es bis zum Ende der Besatzung in diesem Land nicht geben", sagte der Großmufti von Jerusalem, Muhammed Hussein, und forderte "Freiheit und volle Rechte" für die Menschen in der Region. Hussein appellierte an den Gast aus Rom, eine aktive Rolle zu übernehmen, "um die andauernde Aggression gegen unser Volk, unser Land und unsere heiligen Stätten" zu beenden.
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Für die Israelis kam vor allem dem Besuch von Franziskus in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem größte Bedeutung zu. Jedes Wort, jede Geste untersuchten die Kommentatoren. Seine Geste, einer Holocaust-Überlebenden die Hand zu küssen, wurde ebenso aufmerksam wahrgenommen, wie das Fehlen einer expliziten Entschuldigung für die Rolle der Kirche während des Naziregimes.
Keine Entschuldigung für Nazi-Verwicklungen der Kirche
Der Besuch vermochte erwartungsgemäß manche Probleme zwischen dem Vatikan und Israel nicht zu lösen. Dazu gehören etwa die Nutzung des Abendmahlssaals auf dem Zionsberg, die Freigabe von Dokumenten zur NS-Verfolgung aus dem Geheimarchiv des Vatikan oder klare Steuerregelungen für kirchliche Einrichtungen in Israel.
Für den Vatikan hatte indes das Treffen von Franziskus mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I. bei der dreitägigen Nahost-Reise einen besonderen Stellenwert. Beide Kirchenoberhäupter knüpften damit an die historische Begegnung zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras vor 50 Jahren an.