Rabbiner Homolka warnt vor wachsender Judenfeindlichkeit in Europa

Rabbiner Homolka warnt vor wachsender Judenfeindlichkeit in Europa
Antisemitismus in Europa bleibt eine ernstzunehmende Gefahr für die jüdischen Gemeinden. "Der Antisemitismus in der Bevölkerung nimmt weiter zu", sagte der Vize-Präsident der Europäischen Union für Progressives Judentum, Rabbiner Walter Homolka, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dresden. In Dresden kommen von 24. bis 27. April rund 300 Delegierte des liberalen Judentums aus 20 Ländern zu einer Konferenz zusammen.
24.04.2014
epd
Yvonne Jennerjahn

Besondere Brennpunkte des Antisemitismus seien derzeit Frankreich mit judenfeindlichen Einstellungen bei mehr als 27 Prozent der Einwohner, Polen mit nahezu 50 Prozent und Ungarn mit knapp 70 Prozent, sagte Homolka. Auch auf der Krim seien die jüdischen Gemeinden großen Spannungen ausgesetzt. So seien eine Synagoge geschändet und Grabsteine auf einem jüdischen Friedhof mit prorussischen Parolen beschmiert worden. Der liberale Rabbiner von Simferopol habe vor dem Referendum aus Angst vor russischen Repressalien die Flucht ergriffen, ergänzte Homolka: "Wie es in Russland und der Ukraine mit unseren Gemeinden weitergeht, beschäftigt uns gerade sehr."

Österreich und Ungarn als "Sorgenkinder"

Die liberalen jüdischen Gemeinden müssten zudem immer wieder gleiche staatliche Rechte für alle Strömungen im Judentum einfordern, sagte Homolka. Dabei sei seit der Novellierung des Israelitengesetzes 2012 Österreich "unser Sorgenkind, vor allem aber Ungarn, dessen Kirchengesetz von 2011 gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstößt".

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte im April geurteilt, das ungarische Kirchengesetz verletzte die Religions- und Versammlungsfreiheit. In Ungarn müssen religiöse Gemeinschaften vom Parlament anerkannt werden. Damit werde die Neutralität des Staates aufgehoben, argumentierten die Straßburger Richter. Gleichberechtigung werde in Ungarn jedoch nur durch Druck auf EU-Ebene zu erreichen sein, sagte der Rabbiner: "Wir sind mit dem Auswärtigen Amt im Gespräch, damit Deutschland noch mehr tut, um Ungarn zu bewegen, die europäische Wertegemeinschaft zu respektieren."

Positiv hat sich Homolka zufolge hingegen die Lage in Großbritannien entwickelt, wo rund 30 Prozent der Juden liberalen Strömungen angehören. "Die meisten Neugründungen von Gemeinden gibt es aktuell in Spanien", sagte der Rabbiner. In Polen hätten die Wahlen in der jüdischen Gemeinde von Warschau eine Mehrheit für die liberale Strömung im Judentum ergeben.