Die 28 europäischen Regierungen haben die Entscheidung über EU-Klimaschutzziele für das Jahr 2030 verschoben. "Bis zu einer endgültigen Beschlussfassung dauert es noch einige Monate", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Abschluss des EU-Frühjahrsgipfels am Freitag in Brüssel. Merkel bezeichnete die Vorschläge der EU-Kommission vom Januar als "sehr gute Ausgangsgrundlage". Die Behörde wirbt unter anderem dafür, dass die EU-Länder eine Drosselung des Treibhausgas-Ausstoßes von 40 Prozent gegenüber 1990 anpeilen sollen.
###mehr-artikel###
Außerdem schlägt die EU-Kommission vor, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch in Europa auf 27 Prozent auszubauen. Sie erwarte noch harte Verhandlungsarbeit, sagte Merkel mit Blick auf skeptische Staaten wie etwa Polen. Da es sich aber um europaweite Zielvorgaben handele, könnten die Beiträge der einzelnen Länder unterschiedlich ausfallen. "Das eröffnet uns Spielräume für die Verhandlungen." Neben der Kohlendioxid-Minderung und dem Ausbau der Erneuerbaren müsse es auch um das Einsparen von Energie gehen, unterstrich Merkel.
Zügige Beschlüsse in der Energie- und Klimaschutzpolitik sind für die EU unter anderem deshalb wichtig, weil die internationale Gemeinschaft bis 2015 ein neues globales Klimaschutzabkommen aushandeln will. Angesichts des Konflikts mit Russland will Europa seinen Energieverbrauch sparsamer gestalten und diversifizieren, um die Abhängigkeit von dem großen östlichen Nachbarn zu mindern. Die westeuropäischen EU-Länder wollen daher so rasch wie möglich eine Einigung mit Polen sowie anderen Klimaschutz-Skeptikern wie etwa Tschechien und Ungarn finden.
Energieabhängigkeit verhindern
Im Moment stammen 85 Prozent der Elektrizität in Polen aus Stein- und Braunkohle. Experten gehen davon aus, dass der Energiebedarf des Landes bis 2030 um 40 Prozent steigt - und Polen sehr daran gelegen ist, die Kosten dafür möglichst niedrig zu halten. Das Land stemmt sich daher gegen zu harsche Auflagen aus Brüssel, die seine Wirtschaft belasten könnten. Von seinen EU-Partnern möchte es Unterstützung, etwa in Form kostenloser Zertifikate für den Emissionshandel.
Der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy mahnte nach dem Gipfeltreffen zu entschlossenen Schritten: "Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir unser Öl und Gas 2035 möglicherweise zu 80 Prozent aus dem Ausland beziehen müssen." Die EU-Kommission soll Merkel zufolge bis Juni eine fundierte Studie über Energieabhängigkeiten und Möglichkeiten der Diversifizierung erstellen.
Es gehe auch um die Verbindungen zwischen den einzelnen EU-Ländern, sagte die Kanzlerin: "Wir sehen zum Beispiel, dass die Iberische Halbinsel noch nicht ausreichend mit dem restlichen europäischen Energiemarkt verbunden ist." Umweltorganisationen äußerten indessen Unverständnis darüber, dass angesichts der aktuellen Situation nicht schon auf dem EU-Frühlingsgipfel eine Einigung über den künftigen EU-Klimaschutz zustande gekommen sei.