Sozialphilosoph: Religiöse Intoleranz wächst in Indonesien

Sozialphilosoph: Religiöse Intoleranz wächst in Indonesien
In Indonesien wächst die religiöse Intoleranz nach Einschätzung des Theologen Franz Magnis-Suseno. "Das hat mit dem täglichen Existenzkampf der einfachen Leute zu tun", sagte der Jesuit und Sozialphilosoph, der seit langem in dem Inselstaat lebt und an Universitäten unterrichtet, dem Frankfurter Magazin "welt-sichten" (Aprilausgabe).

Sehr viele Menschen lebten am Rand der Armut. "In einer solchen Situation ziehen sich die Leute auf ihre eigene Volks- oder Religionsgruppe zurück und sind misstrauisch gegenüber anderen."

###mehr-artikel###Die Angriffe auf religiöse Minderheiten wie Christen und Ahmadiyya nahmen in Magnis-Suseno zufolge in den vergangenen Jahren zu. "Bei den Kirchen trifft es vor allem solche, die keine offizielle Genehmigung haben." Doch brutaler als gegen Christen gingen fundamentalistische islamische Gruppen gegen Ahmadiyya, die sich als Reformbewegung im Islam verstehen, und Schiiten vor. Da habe es schon Tote gegeben. Auf mehreren Inseln hätten die Ahmadi vor Angriffen fliehen müssen und lebten in Lagern. "Sie können nicht in ihre Dörfer zurück, solange sie nicht ihrem Glauben abschwören."

Die Hälfte der Muslime wollen keine Kirche in der Nähe

Hinter dieser Intoleranz stehen nach Einschätzung des Theologen mehrere islamische Gruppen, die von Saudi-Arabien oder den ägyptischen Muslimbrüdern unterstützt werden. Es "fließt viel Geld an indonesische Koranschulen und Organisationen". Umfragen zufolge wollten die Hälfte der Muslime in Indonesien keine Kirche in der Nähe haben. 30 Prozent sprächen sich für das islamische Recht der Scharia aus und 15 Prozent der Befragten stimmten zu, dass Dieben die Hand abgehackt werde.

Die Zahl der Landkreise und Städte, in denen die Scharia eingeführt werde, nehme denn auch seit Jahren zu, erläutert Magnis-Suseno. "Dahinter steckt wohl Opportunismus: Die Politiker, die das tun, glauben so populärer zu werden." Zu den großen muslimischen Verbänden hätten Katholiken und Protestanten sehr gute Beziehungen. Probleme könnten oft vor Ort gelöst werden. Doch Fundamentalisten mehrerer Gruppierungen seien der Ansicht "die großen islamischen Verbände verträten einen Wischiwaschi-Islam".