Streit um Bildungsplan reißt nicht ab

Streit um Bildungsplan reißt nicht ab
Die Kontroverse über Homosexualität als Unterrichtsthema in Baden-Württemberg geht unvermindert weiter. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) wies die Kritik an dem Bildungsplan 2015 zurück. Unterdessen zeigt der Lesben- und Schwulenverband den Betreiber der Website der umstrittenen Petition an.

Der Debatte um Homosexualität als Thema im Schulunterricht erhitzt weiter die Gemüter. Die Internet-Petition gegen die Bildungs-Leitlinien stelle das Vorhaben "vollkommen verzerrt" dar, sagte Stoch am Montag in Stuttgart. Die Landesregierung setze sich für Schule als Ort der Toleranz ein, dort dürfe aber nicht aggressiv für eine bestimmte Lebensweise geworben werden. Die Petition hat inzwischen 115.000 Unterzeichner.

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Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland erstattete unterdessen nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen die Betreiber der Webseite, auf der die Petition veröffentlicht worden war. Auf der Internetseite erschienen in regelmäßigen Abständen volksverhetzende Kommentare gegen Homosexuelle. Der Betreiber lösche diese Kommentare erst "nach mehrmaliger Mahnung", schrieb der Verband an die Berliner Staatsanwaltschaft.

Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, erklärte, die Gesellschaft komme ihrem Bildungsauftrag nur nach, wenn sie "einer fundierten und frühen Sensibilisierung für die Vielfalt unserer Gesellschaft zentrale Bedeutung beimisst". Dagegen kritisierte die Evangelische Lehrer- und Erziehergemeinschaft in Württemberg, dass die Landesregierung für das Thema sexuelle Vielfalt nur drei Interessenvertretungen berücksichtigt habe. Das entspreche nicht im Entferntesten der Breite der Gesellschaft. "Eine solche einseitige Mitwirkung ist demokratisch nicht legitimiert und nicht hinnehmbar," hieß es.

Kultusminster bietet Kirchen Gespräche über Bildungsplan an

Unterdessen hat die Evangelische Landeskirche in Württemberg ihre Kritik am Bildungsplan bekräftigt. Es sei fragwürdig, die Leitprinzipien dieses Plans nur unter dem Aspekt der sexuellen Vielfalt zu betrachten. Es fehle beispielsweise die Friedens- und Demokratieerziehung und die ästhetisch-kulturelle Bildung, schreibt Oberkirchenrat Werner Baur auf der landeskirchlichen Internetseite. Gegen Homosexualität als Unterrichtsthema sei aber nichts einzuwenden, das spiele im Religionsunterricht schon heute selbstverständlich eine Rolle. 

Kultusminister Stoch bot den Kirchen in Baden-Württemberg auch im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Gespräche zum Bildungsplan an. In einer gemeinsamen Erklärung hatten sich evangelische Landeskirchen und katholische Diözesen am Freitag kritisch zu dem Vorhaben geäußert und gefordert, dass in der Bildung jeder Form der Instrumentalisierung, Ideologisierung und Indoktrination gewehrt werden müsse. Dies gelte "nicht zuletzt im sensiblen Bereich der sexuellen Identität und damit verbundener persönlicher und familiärer Lebensentwürfe", schrieben die Kirchen.

Laut Stoch trennt Landesregierung und Kirchen nichts in der Zielvorstellung, mehr Toleranz zu erreichen. Er hätte sich aber gewünscht, dass sich die Kirchen offiziell von der Internet-Petition distanzieren, wie das etwa der Bildungsreferent der Evangelischen Landeskirche in Baden, Oberkirchenrat Christoph Schneider-Harpprecht, getan habe.