Thierse beklagt "wirkungslosen" Geschichtsunterricht an deutschen Schulen

Thierse beklagt "wirkungslosen" Geschichtsunterricht an deutschen Schulen
Mit Blick auf die großen Gedenktage im kommenden Jahr hat der ehemalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) gefordert, junge Menschen stärker für Geschichte zu sensibilisieren. "Ich weiß nicht, was in der Schule und im Geschichtsunterricht stattfindet, dass er so folgen- und wirkungslos ist", sagte Thierse dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ich fürchte, viele wissen nicht, wer Willy Brandt war", ergänzte er.

Thierse forderte, runde Daten zu nutzen, "um der Erinnerung wieder aufzuhelfen". Der langjährige Bundestagsabgeordnete macht allerdings nicht nur die Schulen für Wissenslücken bei Jugendlichen verantwortlich. "In das private wie mediale Umfeld muss man blicken, um den beklagenswerten Zustand des Geschichtsbewusstseins von jungen Leuten zu erklären", sagte Thierse.

Im Jahr 2014 jähren sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100., der des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal. Außerdem wird an 25 Jahre friedliche Revolution und Mauerfall erinnert.

Thierse: Gemeinsames europäisches Erinnern an Weltkrieg

Thierse forderte ein gemeinsames europäisches Erinnern an den Ersten Weltkrieg. "Denn es war nicht nur die Urkatastrophe Deutschlands, sondern dieses Kontinents", sagte er. Die europäische Erinnerung zu organisieren und politisch zu repräsentieren, sei Aufgabe des Außenministers, der Kulturstaatsministerin und "natürlich auch der Kanzlerin", sagte Thierse.

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Auch für die Veranstaltungen im Gedenken an die friedliche Revolution im Herbst 1989 regte der Berliner Politiker einen internationalen Blick an. "Ich wünsche mir, dass nicht nur die Veteranen von '89 mal wieder zu Wort kommen", sagte er. Man müsse sich neu vergewissern, dass der Systemsturz ein europäischer Vorgang gewesen sei. "Die Öffnung der Mauer ging nicht ohne Solidarnosc, Gorbatschow und Ungarn", sagte Thierse.

Der Politiker kann indes auf eine neue Debatte über den "richtigen" Feiertag der deutschen Einheit verzichten. Er hätte sich zwar den 9. Oktober, den Jahrestag der entscheidenden Montagsdemonstration in Leipzig 1989, besser vorstellen können. Aber man könne nicht 25 weitere Jahre über den Termin diskutieren. Vielmehr solle am 3. Oktober die friedliche Revolution als "großes Ereignis deutscher und europäischer Freiheitsgeschichte" gefeiert werden, schlug der Sozialdemokrat vor.