Allein durchs Leben zu spazieren, ist eine Aussicht, die kaum jemanden lockt. Ob man aber umgekehrt allein als Paar Wege der Liebe findet, ist fraglich. "Ihr denkt, ihr seid im Märchen und seid nur blöde Pärchen", singt die Berliner Liedermacherin Christiane Rösinger. Ihr erscheinen Paare als "Menschen, die wie Steine nebeneinander sitzen."
###autor###
Auch wenn in der Bibel durchaus von Paaren die Rede ist, wirken die in ihr erzählten Liebesgeschichten nicht steinern. Vielleicht weil in ihnen eben auch nicht nur von jungen ordentlich verbundenen Paaren die Rede ist. Stattdessen kann man in ein fantastisches Liebes- und Sehnsuchtsgestöber tauchen. Das wirkt so heiter, dunkel, tragisch, verspielt und oft auch einfach schön, dass man ahnt: Bei der Liebe handelt es sich um eine Macht, die offenbar gerade dann an Kraft verliert, wenn man ihr Schillern verhindern will. Erzählt wird von kurzen Begegnungen, eine einzige Berührung kann Wunder wirken.
Von Liebe im Alter ist die Rede und einer tiefen Freundschaft, der man sich im Brief versichert. Niemals aber wird so getan, als ob es Vergeblichkeit, Enttäuschung und Wut nicht gebe. Und doch scheint in jedem Menschen ein Liebesfunke zu lieben, der immer wieder neu zum Glühen kommen kann. So wird auch oft von Begegnungen erzählt, die an ein knisterndes Rendezvous erinnern. Nur haben die daran Beteiligten das dann gar nicht geplant. Denn es ist der Zufall, der eine zauberhafte Regie übernommen hat.
"Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt"
Das kann erleichtern, wenn man einen Partner sucht, sich sehnt und hofft – und an sich zu zweifeln beginnt, weil es niemals ganz zu passen scheint. Hat man vielleicht einen falschen Plan? Partnerbörsen versprechen: Unsere Anbahnungs-Methodik ist wissenschaftlich abgesichert. Außerdem sei da auch noch die Stiftung Warentest, die den Daumen gehoben hat. Nur ist das Kennenlernen eigentlich etwas, bei dem man auf das Urteil von Verbraucherschützern, Verfahrensprüfern und Warenkontrolleuren hören sollte?
###mehr-artikel###
Bei der Liebe geht es selten streng logisch zu. Jesus sprach zwar von Ehe, er selbst aber war unverheiratet. Und doch würde kaum jemand behaupten, dass in und um ihn herum keine Liebe war. Gelegentlich zog er sich zurück, war für sich allein. Dann wieder lebte er so, dass er die ganze Welt mit Zuwendung überziehen wollte. "Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt." Und das ist nur der Anfang einer fantastisch schwärmerischen Rede, in der man das Wort Liebe kaum noch zählen kann! Vielleicht redete er deshalb so häufig von ihr, weil er sie auch vermisste? Kurz vor seinem Tod, das schrecklich lieblos war, ließen ihn die engsten Freunde im Stich, sie verleugnen und verraten ihn.
Jesu Geschichte lässt jedoch auch ahnen, dass es enthusiastisch zarte Momente geben kann, wenn man überhaupt nicht damit rechnet. Einmal befand er sich in einer heftig diskutierenden Männerrunde, die seine nie ganz eingängigen Ansichten auf den Prüfstand stellte. Da betritt eine Frau das Gemach, sagt nichts, kommt von hinten an Jesus heran. Und weint! Sie salbt seine Füße mit einem so luxuriösen Öl, dass der kostbare Duft das ganze Haus erfüllt und sie beide umhüllt. Verwirrend intim ist, was geschieht. Jesu Füße: Warm von ihren Tränen. Beide sind herausgehoben wie auf einer Bühne, ganz für sich und doch für alle sichtbar. Was geschieht, ist unbegrenzt, hemmungslos still. Bis ein erneutes Diskutieren einbricht, das das verschwenderische Tun der Frau angreift. Und Jesus? "Sie hat ein gutes Werk getan", sagt er.
Die unglaubliche Geschichte von Rebekka und Isaak
Selbstverständlich ist in der Bibel auch von ganz normalen Paaren die Rede, die mehr als nur einen intimen Moment genießen können. Aber was heißt schon normal! Wie sich Menschen kennenlernen, erscheint oft wie eine Aneinanderreihung kurioser Zufälle. Gerade das wirkt dann aber wieder absichtsvoll, wie eine Fügung, die staunen lässt und ungemein beruhigend ist. Der Zufall nämlich weist nicht etwa in ein destruktives Chaos hinein. Er kann vielmehr, wie der Schriftsteller Max Frisch in seinem Tagebuch geschrieben hat, verblüffend und erregend sein, weil wir in ihm unser eigenes Gesicht erkennen. Der Zufall zeigt, wofür wir ein Auge haben, und wir hören nur das, wofür eine Antenne haben. "Am Ende ist es immer das Fällige, was uns zufällt."
So war es womöglich auch bei einem Mann und einer Frau, die sich niemals hätten kennenlernen können, nimmt man die Gesetze der Wahrscheinlichkeit als Maßstab. Isaak lebte lange schon als Single, seine Mutter war bereits tot. Gewiss war er nicht gerade das offensivste Exemplar an Mann. Schließlich lässt der betagte Vater für den Sohn eine Frau suchen. Dazu schickt er seinen alten Knecht auf Reisen. Was diesem in der Ferne widerfährt, klingt wie eine Satire auf heutige Partnerbörsen. Der Knecht wartet an einem Brunnen. Und denkt: Zur nächsten Frau, die kommt, sage ich: Gib mir zu trinken! Und falls diese sagt: Trinke!, dann ist die Richtige. So vereinbart er das mit Gott. Tatsächlich sagt die nächste Frau: Trinke. Und sie ist auch noch sehr schön! Der alte Knecht gerät ins Rennen.
Nur geht es nicht ja gar nicht um ihn, sondern um Isaak, der von all dem nichts mitbekommt. Wie also soll der Paarvermittler Rebekka aus ihrem gewohnten Umfeld locken? Überall zeigen sich Hindernisse, da wird taktiert, verhandelt, raffinierte Schlingen werden ausgelegt. Am Ende aber sind Rebekkas Brüder ausgetrickst. Aber die Frau selbst? Auf ihr Wort kommt es schließlich an! Sie vertraut sich dem fremden Mann an, um einen mindestens ebenso fremden Mann kennenzulernen. Und dann – viele Reisetage später: Da ist Isaak gerade auf dem Feld, um zu beten. Er kommt aber gar nicht zum Beten, sondern hebt die Augen auf, was vielleicht aber auch nur eine andere Form des Betens ist. Auch Rebekka hebt die Augen auf, heißt es in der Bibel. Und fragt den Knecht: Wer ist denn dieser Mann? So also schauen sie beide: Und eine Liebe beginnt, die nur der Zufall planen konnte, der den Namen trägt: Das Unmögliche gewinnt.