Ex-Verfassungsrichter Di Fabio: Staat darf bei freien Schulen nicht beliebig kürzen

Ex-Verfassungsrichter Di Fabio: Staat darf bei freien Schulen nicht beliebig kürzen
Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Udo Di Fabio, hat die Bedeutung freier Schulen für die Bundesrepublik unterstrichen.

Aus den Erfahrungen der NS-Zeit hätten die Väter des Grundgesetzes bei der Erlaubnis zur Gründung privater Schulen auch im Kopf gehabt, eine Gleichschaltung der Schulen zu verhindern, sagte Di Fabio am Freitag beim 7. Bundeskongress Katholischer Schulen in Berlin. Der Staat dürfe deshalb auch bei Spardruck nicht beliebig bei den freien Schulen kürzen.

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Freie Schulen, darunter viele konfessionelle Bildungseinrichtungen, stehen derzeit unter Finanzierungsdruck. Besonders in den östlichen Bundesländern sind Einsparungen geplant. Solange das von Eltern erhobene Schulgeld zur Finanzierung einer Schule aber nicht ausreiche, müsse der Staat ergänzend fördernd eingreifen. Verfassungsrechtlich sei auch nichts dagegen einzuwenden, wenn der Anteil freier Schulen in Deutschland weiter ausgebaut werde, ergänzte Di Fabio.

Freie Schulen kein Ort der "heimlichen Segregation der Gesellschaft"

Der ehemalige Verfassungsrechtler warnte zugleich vor der Gefahr, dass freie Schulen zu einer "heimlichen Segregation der Gesellschaft" beitragen. So sei es verwunderlich, dass gerade in Brandenburg mit einer vergleichsweise niedrigen Kirchenbindung evangelische und katholische Schulen so beliebt seien. Er habe den Verdacht, viele Eltern hofften, dass ihre Kinder dort nicht auf Zuwanderer, beispielsweise muslimischen Glaubens treffen würden. Er forderte besonders christliche Bekenntnisschulen dazu auf, sich ihrer Werte zu besinnen, um "Trittbrettfahrern" vorzubeugen, die in der Schule nur "Kinder aus gutem Hause" antreffen wollen.

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hält es für nötig, sich mit der Frage nach einer Öffnung christlicher Bekenntnisschulen auseinanderzusetzen. Mit Blick auf die Ablehnung eines muslimischen Schülers an einer katholischen Grundschule in Paderborn, sagte Becker beim 7. Bundeskongress Katholische Schulen am Freitag in Berlin, mit dieser Fragestellung müsse man "zunehmend operieren".

Gleichzeitig übte der Vorsitzende der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz Kritik am Vorgehen der Schule. "Ich bedaure das sehr", sagte er. Es sei versucht worden, etwas "demonstrativ durchzusetzen". "Das hätte nicht sein müssen. Das hätte anders geregelt werden können", ergänzte Becker.

Freie Schulen sollen soziale Kompetenz vermitteln

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) würdigte die Arbeit freier Schulen, von deren Erfahrungen auch öffentliche Schulen profitieren würden. Auch sie mahnte, Schulen in freier Trägerschaft dürften nicht dazu beitragen, dass sich die soziale Spaltung verstärkt. Allerdings treffe dies in ihren Augen auf christliche Schulen nicht zu. "Dafür bin ich sehr dankbar", sagte Löhrmann.

Der ehemalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) appellierte an katholische Schulen, ihr Profil als nicht nur wissen-, sondern wertvermittelnde Institutionen weiter zu schärfen. Es müsse bei ihnen unter anderem darum gehen, soziale Kompetenzen zu erlernen und Sinn- und Glaubensfragen zu stellen.

Beim Bundeskongress katholische Schulen berieten rund 300, den Erziehungsauftrag und die Inklusion behinderter Schüler. Den Angaben zufolge gibt es bundesweit 905 allgemein- und berufsbildende katholische Schulen mit 370.000 Schülern. Die katholischen Schulen seien damit die größte Gruppe unter den Bildungseinrichtungen mit freien Trägern.