Zusammenrücken müssen die Pilger aus aller Welt, wenn am Heiligen Abend die Glocken der Geburtskirche in Bethlehem zur Messe rufen. Auf beiden Seiten des Mittelschiffs ragen Baugerüste hoch bis unter das Dach. Das Gebäude aus dem vierten Jahrhundert soll restauriert werden. Die Firma Piacenti aus dem italienischen Prato hat den Auftrag, das Dach zu reparieren und die 38 Fenster.
Seit September ist Marcello Piacenti mit 15 Arbeitern dabei, die heilige christliche Stätte zu restaurieren. Eine Million Dollar spendete Präsident Mahmud Abbas aus seinem Budget, weitere 800.000 Dollar gaben palästinensische Firmen und Banken dazu. Auch aus Frankreich, Ungarn, Griechenland und dem Vatikan flossen Gelder.
Komplettrenovierung kostet 15 Millionen Euro
"Es reicht nicht, um die Kirche komplett zu restaurieren", sagt Siad al-Bandak, Berater von Abbas in christlichen Angelegenheiten und Beauftragter der Palästinensischen Autonomiebehörde für die Renovierung der Geburtskirche. Experten veranschlagen die Kosten für eine Komplettrenovierung der Kirche auf 15 Millionen Euro. Doch für die dringlichsten Arbeiten stehen genügend Gelder zur Verfügung. Knapp zwei Millionen Euro erhält die italienische Firma für den Auftrag.
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Im Sommer 2012 wurde die Geburtskirche auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Finanziell macht sich diese Auszeichnung nur indirekt bemerkbar. Die UN-Kulturorganisation zahle nicht für die Renovierung, dafür aber sei es leichter geworden, Spender zu gewinnen, sagt der Palästinenser. Die Geburtskirche im Zentrum Bethlehems gehört zu den heiligen Stätten der Christenheit.
Nicht nur die Finanzierung ist kompliziert. Fast noch schwieriger war es zunächst, eine Einigung der drei beteiligten Kirchen zu erreichen: Katholiken, Armenier und Griechisch-Orthodoxe. Bevor die Arbeit beginnen konnte, wurden Experten in Italien und Kanada zu Rate gezogen, um den Rahmen abzustecken, was gemacht werden muss und was Vorrang hat.
Marcello Piacenti, an den der Auftrag für die erste Phase der Restauration vergeben wurde, will über die Zusammenarbeit mit den Auftraggebern nicht klagen. Die Mönche aller drei Gemeinschaften ließen die Handwerker sogar nachts in das Gotteshaus, damit sie ungestört von den Pilgern das Gerüst aufstellen konnten.
Bei fast jedem Handgriff ist Vorsicht geboten
Das Baugerüst vor der Kirche und der vorübergehende Treppenaufstieg zum Dach liegt hinter einer hölzernen Absperrung. Die Arbeiter deckten den Bauzaun mit Plastikplanen ab, die das Motiv der Mauersteine tragen. Mit flinken Sprüngen nimmt der 53-jährige Piacenti beim Aufstieg immer zwei Stufen auf einmal. "Hier regnet es durch", sagt er und deutet auf den mürben Dachbelag aus Teer. Zuerst werden jedoch die alten Fenster abmontiert. Ersatz soll in Italien per Hand gezimmert werden.
Die Expertengutachten hätten eine Menge Arbeit erspart, sagt der Italiener. Dennoch müsse jeder Dachbalken einzeln darauf geprüft werden, ob er noch ein paar Jahrzehnte hält oder ausgetauscht werden muss. Piacenti ist zuversichtlich, dass nur wenige tragende Balken verstärkt werden müssen. Um künftige Schäden zu verhindern, will er bei der Abdichtung des Daches für bessere Ventilation sorgen.
Bei fast jedem Handgriff ist Vorsicht geboten. "Es ist möglich, dass sich unter den Farbschichten an der Wand noch alte Malereien verstecken", sagt Piacenti. Der Auftrag in der Geburtskirche ist für ihn etwas ganz besonderes, denn "dies ist sehr heilig und sehr alt". Letzte Instandsetzungen an dem Sakralbau liegen schon 200 Jahre zurück. Vor allem die Arbeit in den Nachtstunden ohne Pilger und Touristen genießt der römische Restaurator. "Wenn die Mönche kommen und die Öllampen nachfüllen, dann ist das ein ganz emotionaler, religiöser Moment."
Auf dem Krippenplatz, an dem sich die Kirche befindet, ragt ein Weihnachtsbaum in die Höhe. Er ist geschmückt mit roten Kugeln. Die Weihnachtszeit dauert am Geburtsort Jesu länger als an anderen Orten: Auf das Weihnachtsfest der westlichen Christenheit am 24. Dezember folgen die Feiern der Orthodoxen am 6. Januar. Den Schlusspunkt setzen die armenischen Christen am 19. Januar.