In der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gibt es den Angaben zufolge gut 1.900 hauptamtliche Musikerstellen. Hinzu kommen nach Schätzungen des Kirchenmusiker-Verbandes 20.000 Musiker im Nebenberuf. Die Stellenzahl in den Landeskirchen sei in den vergangenen zehn Jahren konstant, der Gesamtstundenumfang entwickele sich sogar leicht positiv, erläuterte Bogon. Doch selbst wenn Stellen wegfielen, sei der Bedarf über die Absolventen der Hochschulen nicht zu decken.
Das Problem ist bereits akut: Gab es an den bundesweit 26 staatlichen und kirchlichen Hochschulen 2006 noch 403 Studierende im Fach Kirchenmusik, waren es 2011 nur noch 339. "Wir haben in diesem Jahr einen von drei Anfänger-Studienplätzen nicht besetzen können", berichtete Friederike Woebcken, Professorin für Chorleitung an der Bremer Hochschule für Künste.
###mehr-artikel### Ein wichtiger Grund für den Nachwuchsmangel liegt nach Auffassung der Experten in der Gehalts- und Stellenpolitik der Kirchen. "Die frühere Entwicklung, Stellen zu kürzen, war fatal, weil das zu Selbstausbeutung geführt hat», bilanzierte Woebcken. Außerdem: "Die Kirche muss sich fragen, was ihr gute Kirchenmusik wert ist, denn die Vergütung ist für hoch qualifizierte A-Musiker mit siebenjähriger Ausbildung oft lachhaft niedrig."
Verbandspräsident Bogon aus dem süddeutschen Schopfheim ergänzte, im Vergleich zur Kirche zahle der Staat besser. "Der Schuldienst ist für viele eine Alternative, auch wenn einige Landeskirchen das Problem erkannt und ihre Vergütungen nach oben angepasst haben." Schul- und Kirchenmusik parallel zu studieren, liege überdies im Trend. Einige Landeskirchen hätten deshalb bereits gemeinsame Stellen eingerichtet, Hochschulen böten Kombi-Studiengänge an.
Woebcken rät Kirchenmusikern, vermehrt Kooperationen mit Schulen und Musikschulen im Umfeld zu suchen. "Kinder für den Klangrausch der Orgel zu begeistern, sie als Kantoren früh zu motivieren und zu fördern, ist ganz entscheidend." Kritisch sieht sie, dass durch Ganztagsschulen und die Arbeitsverdichtung bei Schülern nachmittags oft kein Freiraum mehr für Instrumentalunterricht bleibt.