Wer "auch nur einen Funken vom Evangelium verstanden" habe, dürfe sich angesichts von über 45 Millionen Flüchtlingen weltweit nicht "abschotten in der Festung Europa", sagte Rekowski am Donnerstag in einem Gottesdienst zum Reformationstag in Wuppertal. Er verwies unter anderem auf das Schicksal der Bootsflüchtlinge vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa.
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"Menschen fliehen vor Unrecht, Diskriminierung, bitterer Armut, Gewalt oder Terror", sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland laut Redetext. Er kritisierte indirekt, dass die Politik in Berlin und Brüssel nicht ernsthaft über die Beseitigung der Fluchtursachen spreche. Hier sei es Aufgabe der Kirche und der Christen, Partei zu ergreifen "für die Schwachen, die Abgeschriebenen und die Abgeschobenen". Rolle der Kirche sei nicht, den Regierenden einen Blankoscheck auszustellen oder staatliche Ordnungen zu legitimieren.
Die Kirche müsse vielmehr an die Verantwortung der Regierenden und an Gottes Reich erinnern, das der "Gegenentwurf zu den bestehenden Verhältnissen" sei, sagte Rekowski. Aufgabe des Staates sei es wiederum, für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen, notfalls mit Gewalt, zitierte der Präses aus der fünften These der Barmer Theologischen Erklärung. Dabei seien Kompromisse nötig und es könne auch Fehler und Irrtümer geben. Rekowski räumt ein, dass es auch in der reformatorischen Tradition im Verhältnis von Kirche und Staat Irrwege und Versagen gegeben habe: "Beim Blick in die Kirchengeschichte ist oft spürbar, wie sehr die Kirche Kind ihrer jeweiligen Zeit ist. Und das gilt auch für uns."
Mit dem Gottesdienst wurde im Rheinland das Themenjahr "Reformation und Politik" der Reformationsdekade bis 2017 eröffnet. Er fand in der Gemarker Kirche statt, in der die Barmer Theologische Erklärung 1934 beschlossen wurde. Sie ist die zentrale theologische Äußerung der Bekennenden Kirche unter der NS-Herrschaft.