Jeden Tag werden in Deutschland im Schnitt zwei Stiftungen gegründet. Nach Schätzungen haben die insgesamt knapp 20.000 gemeinnützigen Stiftungen ein Gesamtvermögen von mehr als 100 Milliarden Euro. Sie stiften für einen guten Zweck: für Soziales, für Kunst und Kultur, Bildung, Wissenschaft oder Umweltschutz. Stiftungen genießen einen guten Ruf. Skeptiker vermissen jedoch Transparenz.
###mehr-info###"Es gibt einen starken Glauben an die Institution Stiftung, aber wir wissen relativ wenig über das, was Stiftungen tatsächlich machen", sagt Frank Adloff. Das deutsche Stiftungssystem sei nicht transparent genug, kritisiert der Soziologe von der Universität Erlangen-Nürnberg. "In den USA werden die Steuererklärungen der Stiftungen von einer zentralen Stelle gesammelt und im Internet veröffentlicht. Das ist gesetzlich so vorgeschrieben."
Bundesweiter Aktionstag
Am Dienstag stellen sich beim bundesweit ersten Tag der Stiftungen in verschiedenen deutschen Städten zahlreiche Stiftungen vor. Ein Blick auf den Veranstaltungsplan des Bundesverbandes deutscher Stiftungen zeigt die Vielfalt: Es gibt kirchliche Stiftungen, Unternehmensstiftungen und Vereinsstiftungen. Manche Stiftungen werden von Kommunen getragen, wieder andere sind von einer Gruppe von Bürgern gegründet worden. Zwei Drittel aller Stiftungen werden von Privatpersonen gegründet. Das lohnt sich allein schon steuerlich: Stiftungen bleiben etwa von der Erbschaftssteuer befreit und müssen keine Körperschaftssteuer zahlen. Wer eine Stiftung gründet oder für sie spendet, kann bis zu eine Million Euro bei der Einkommenssteuer abziehen.
Durch die steuerliche Begünstigung stecke in einer Stiftung letztlich immer auch öffentliches Geld, sagt Adloff. "Deshalb hat die Gesellschaft ein Recht darauf zu wissen, wie und wofür eine Stiftung ihr gesamtes Budget wirklich ausgibt." Zwar hätten viele Stiftungen in Sachen Transparenz in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. "Aber wenn es um Finanzen geht, fehlen immer noch viele Angaben. Oft wissen wir zum Beispiel nicht, wie viel Geld in die Verwaltung fließt", sagt Adloff. Er fordert deshalb für Stiftungen dieselben Veröffentlichungspflichten wie für gewinnorientierte Wirtschaftsunternehmen.
Sie übernehmen öffentliche Aufgaben
Dass die Stiftungen Aufgaben für die Öffentlichkeit wahrnehmen, sieht auch Hans Fleisch so. "Der Staat macht die Pflicht, die Stiftungen übernehmen die Kür", sagt der Generalsekretär des Bundesverbands deutscher Stiftungen. Von einer Veröffentlichungspflicht für Jahresberichte hält Fleisch jedoch nichts, damit werde nur mehr Bürokratie geschaffen. "Wer dem ausweichen will, wählt dann einfach eine andere Organisationsform - so ist es auch in den USA geschehen. Und wer mogeln will, geht ohnehin jetzt schon ins Ausland", sagt Fleisch. Er fordert stattdessen ein für alle Bürger zugängliches Register für alle gemeinnützigen Organisationen, also auch für Stiftungen.
###mehr-artikel###Es sei ungerecht, dass Stiftungen gegenüber anderen wohltätigen Organisationen bevorzugt würden, sagt Adloff. "Wer sein Geld für eine gute Sache ausgeben will, dem bieten Stiftungen einen größeren steuerlichen Vorteil als zum Beispiel gemeinnützige Vereine." Dass das anders geht, zeigen wiederum die USA: "Dort sind Privatstiftungen, etwa von Unternehmen oder vom Vermögen einer Person, steuerlich weniger begünstigt als gemeinnützige Organisationen, die sich sehr breit finanzieren, ihr Geld also zum Beispiel von vielen verschiedenen Spendern oder auch der öffentlichen Hand bekommen", sagt Adloff.
Zahl wird weiter wachsen
Hans Fleisch ist sich sicher: Die Zahl der Stiftungen wird weiter wachsen. "Das hängt auch mit einer zunehmend älteren Gesellschaft zusammen. Die meisten Menschen gründen eine Stiftung, wenn sie älter sind. Auch der höhere Anteil der Kinderlosen spielt da eine Rolle", sagt er. 20.000 Stiftungen seien auch nicht genug. Sie schnappten sich keineswegs gegenseitig die Förderbereiche weg: "Es gibt genügend Bereiche, in denen die Zivilgesellschaft noch Unterstützung braucht - nehmen Sie zum Beispiel kulturelle Projekte", sagt Fleisch.